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Tuttendorf sagenhaft

Fuchsmühle, Muldental und "Arndts Paradiesgärtlein"

Tuttendorf/Conradsdorf bei Freiberg / Sachsen
Tuttendorf/Conradsdorf bei Freiberg / Sachsen

 

Tuttendorf ist ein Dorf an der Freiberger Mulde unweit der sächsischen Bergstadt Freiberg. Sein Name geht auf den Ortsgründer, einen gewissen Dudo, zurück. Im 12. Jahrhundert, im Zusammenhang mit dem Silbererzbergbau, wurde der Ort erstmals urkundlich erwähnt.

 

Dieses Dorf gehört zu einem zweiten Ort, nämlich Conradsdorf, womit es ein Ganzes bildet. Würde ich jetzt sagen. Schon als Kinder stritten wir darüber, wo das eine anfängt und das andere aufhört. Beide Dörfer zählen heute zur Gemeinde Halsbrücke, darüber nun gibt es keinen Streit. Wohingegen Tuttendorfer und Conradsdorfer sich vielleicht teilweise nicht leiden können und denken, dass der jeweils andere anders sei als man selbst. Wer weiss....

 

Als Kinder waren wir oft in der Haldengegend, den Kleingärten, den Wiesen und Feldern, den Wegen und Steinhaufen zwischen Freiberg, Tuttendorf, Conradsdorf und Halsbach unterwegs. Wenn man ausdrücken wollte, dass etwas (in der Stadt) für den persönlichen Geschmack zu weit weg war, dann sagten wir: "Da könnt' ich ja ooch glei bis Tuttendorf loofen." Das hieß: `"Vergisses, ist zu weit. Mach ich nicht."

 

Außer natürlich, wir hatten reichlich Zeit und wollten wirklich nach Tuttendorf, an die Muldenbrücke, den Muldenweg mit seinen geheimnisvollen Mundlöchern der Schächte, den kleinen und größeren Halden, dem Huthaus, dem Roten Graben. Waldstücke, Weiden und hohe Getreidefeldern im Sommer. Ganze Holunderbuschwälder gab es hier oberhalb der Mulde Richtung Conradsdorf; da konnte man sich beim Sammeln der schwarzlila Fruchtdolden ordentlich die Klamotten versauen....

 

Ein besonderer Ort: die Fuchsmühle an der Freiberger Mulde nahe Tuttendorf. Wahrscheinlich stand schon im 12. Jahrhundert eine Mühle an dieser Stelle. Als die Fuchsmühle 1908 abbrannte, wurde sie als Mühle aufgegeben. Es entstand eine Konservendosenfabrik auf dem Mühlengelände, deren Gebäude heute noch zu sehen ist. Leute wohnten und wohnen hier; nicht im Fabrikgebäude - sondern in den kleineren Häusern.  Zu DDR-Zeiten wurde das Fabrikgebäude von der PAMA, einem Papiermaschinenhersteller, als Lager genutzt. Seit 1999 hat der Künstler Peter Wagler dieses Gebäude gepachtet und kümmert sich um dessen Erhaltung. Hier auch gleich ein paar Bilder von der Fuchsmühle, wie sie heute aussieht, mit dabei. 

 

Unterwegs zwischen Tuttendorf/Conradsdorf und Halsbach
Unterwegs zwischen Tuttendorf/Conradsdorf und Halsbach
Fabrikgebäude der Fuchsmühle
Fabrikgebäude der Fuchsmühle

 

Jetzt im Winter sieht das so aus: weiß und weit liegen die Felder da. Läuft man vom oberen Ende Conradsdorfs bis nach Tuttendorf ins Muldental und dann weiter bis nach Freiberg, da kann man sich an der Weite und Schönheit der Gegend erfreuen; schon ein wenig an den Frühling denken.

 

Dass das Eis auf dem kleinen Teich schmilzt, die Vögel in den Zweigen der knospenden Bäume singen, die Schmelzbäche murmeln und man auf schlammigen Feldern waghalsig bis unters Knie einsinkt....herrlich.

 

Hier, lass Dich überzeugen:

 

 

Zu Tuttendorf gibt es eine kleine Geschichte. Diese Sage habe ich dem hier schon oft zitierten "Sächsischen Sagenschatz" von Johann Theodor Grässe entnommen; Quelle HIER.  Wer die alte deutsche Schrift nicht lesen kann, findet das Ganze auch gleich in modern.

 

Arndts Paradiesgärtlein (https://picclick.de/Gebetbuch-aus-dem-Jahr-1793-Kostbarkeit-%C3%BCber-200-192886652627.html)
Arndts Paradiesgärtlein (https://picclick.de/Gebetbuch-aus-dem-Jahr-1793-Kostbarkeit-%C3%BCber-200-192886652627.html)

 

 

"Arndts Paradiesgärtlein ist unverbrennlich"

 

---Tuttendorf---

 

Als am Johannis heiligen Abend des Jahres 1738 (23. Juni) des Nachts gegen 10 Uhr Gott Tuttendorf bei Freiberg mit einem heftigen Donnerwetter heimsuchte, und der Strahl des Bergmanns I. D. Schieffels Wohnhaus im Oberdorfe entzündete, hat zwar die wüthende Feuersgluth Alles verzehrt, allein alle im Hause befindlichen Personen sind mit dem Leben davon gekommen, und was das Sonderbarste ist, die schon zu mehreren Malen über Dr. I. Arndts berühmtes Gebetbuch, Paradiesgärtlein betitelt, in Feuersgefahr waltende Fürsorge Gottes hat sich auch hier wiederum bethätigt.

 

Denn da sich unter dem geistlichen Büchervorrath dieser armen Verunglückten auch gedachtes Buch in der von Chr. Weinmann, Buchhändler zu Erfurt, in länglich Duodez 1725 besorgten Auflagen befunden, so hat man dasselbe am andern Tage unter der Asche dergestalt angetroffen, daß, obwohl der Einband desselben gänzlich zu Kohlen verbrannt, dennoch kein Buchstabe an dem Buche selbst verletzt war, sondern dasselbe ganz unversehrt im Feuer geblieben ist. Es ist solches dem Pastor des Ortes von den Abgebrannten zum ewigen Andenken überlassen worden, bei dem man es noch lange hat sehen können.

 

 

Merke: Worauf es wirklich ankommt: Immer ein unverbrennliches Buch, einen Maulwurf, gute Schuhe und Kaffee in Reichweite zu haben. Und die paar Probleme .... -  muss man gar nicht immer alle lösen. Nur sich VON ihnen lösen, das klappt vielleicht.

 

Zum Beispiel auf so schönen Wegen wie zwischen Tuttendorf und Freiberg.

 

Heute. Hier. Jetzt.