· 

WAS 16 - Unsortiertes

Heute, am 23. 12. 2020

www.twitter.com / @IrenaBuzarewicz
www.twitter.com / @IrenaBuzarewicz

 

Morgen ist Heiligabend. Ein paar arbeitsfreie Tage liegen vor mir. Ich habe noch einiges zu tun, bevor ich mich gemütlich vor den Weihnachtsbaum setzen und durch den Wald gehen kann. 

 

Nehme ich die Weihnachtsdekoration aus den Verpackungen, in denen sie den Sommer über auf dem Boden verstaut schlummerte, denke ich immer an das vorige Jahr. Wie war es da? Wie ging es uns? Was war da Besonderes, was beschäftigte uns? Fast mit jeder Kugel, die ganz traditionell erst morgen früh an den Baum gehängt wird, verbindet sich etwas.

 

***

 

Dieses Jahr erscheint mir der Unterschied besonders groß zu sein. Noch nichts mit Corona hatten wir in Deutschland zu tun im vorigen Dezember. Man hörte schon aus dem weit entfernten China davon, aber für uns in Europa, in Deutschland, schien das vorerst keine Bedeutung zu haben. Bald darauf machten sich Regierungspolitiker über AfD-Abgeordnete im Bundestag lustig, die auf mögliche Gefahren hinwiesen und besseren Grenzschutz verlangten. Ja, im Zusammenhang mit der Einschleppung des Virus. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen drehte einen Erklärfilm für die Zuschauer über die harmlose Corona-Geschichte. Eine Frau mit Zopf wusste Bescheid. Ins Frühjahr hinein war man in der CDU mit Aktivitäten zum neuen Parteivorsitz beschäftigt, auch der Gesundheitsminister hatte damit zu tun. Einfachste Schutzausrüstungen fehlten. Auch wusste man nicht, ob die überhaupt etwas nützen würden. Die einen sagten das, die anderen jenes.

 

 

Das ist schon lange her, verändert hat sich seitdem viel.

 

Eins ist geblieben: die unverbrüchliche Moralität, das Immer-Rechthaben, die Unfähigkeit zu demokratischem Diskurs der Staatsmedien und der von ihnen vertretenen Regierung, die Unmöglichkeit zu Selbstkritik und Korrektur. Die Dreistigkeit derer, die - einfach bleiben. Giffey und Scheuer zum Beispiel. Die Schwierigkeit, sich mit einer anderen Meinung zu behaupten. Entgegen dem "Alternativlosen".

 

Auf uns, das Volk, die Bürger, färbt das ab. Auch, wenn man das nicht will. Es ist schwer, hier Vernunft zu bewahren und sich eine möglichst realitätsnahe, emotionslose Meinung zu bilden. Überall trifft man auf absolute Gegensätze und Unvereinbarkeit. Miteinander reden? Sich zuhören? Noch schwieriger geworden in den letzten Monaten.

 

Die vielbejammerte Spaltung der Gesellschaft hat noch weiter zugenommen. Diejenigen, die sie so laut beklagen, sind oft die, die sie am meisten fördern. 

 

Meinungen, die vor einem Jahr noch undenkbar zu äußern gewesen wären, sagen sich heute so dahin. Klar sind bei besonderer Gefahrensituation auch drastische Maßnahmen möglich und notwendig. Aber wir sind trotz ausgerufener Pandemie immer noch in einer Demokratie.

 

Auch, wenn viele Mitbürger sich undemokratisch verhalten und die eigene Meinung für das Nonplusultra halten. Auf die Idee, das der mit der anderen Meinung  vielleicht auch recht haben könnte, kommen viele gar nicht mehr. Meiner Meinung auch ein Effekt der staatlichen Propaganda bei den Themen Pandemie, Asyl- und Migrationspolitik und EU-Strategie. Wann hat mich das besonders geschmerzt?

 

Wenn Bürgern von der Kanzlerin gesagt wird, dass der von der offiziell vorgegebenen Meinung Abweichende bald ein Fall für den "Psychologen oder...." sein könnte. Wenn ein Mitglied des bundesdeutschen Ethikrates Zustimmung zu medizinischer Behandlungsverweigerung signalisiert. Im konkreten Fall handelt es sich um Menschen, die eine Impfung gegegen Corona vorerst ablehnen. Wenn der sächsische Ministerpräsident seine eigene Bevölkerung als verdummt bezeichnet. Andererseits finde ich auch nicht richtig, wenn Menschen sich in einer schwer abschätzbaren Situation leichtfertig verhalten und unbedingt mit 400 Leuten Hochzeit feiern, über Weihnachten ins Ausland reisen oder dem Gegenüber mit Absicht ins Gesicht niesen müssen. Wenn ein Dreivierteljahr nach Pandemiebeginn die Gefährdetsten, nämlich die Alten, immer noch nicht gut geschützt werden. Sondern extrem unter der ganzen Situation leiden.

 

Die Unmöglichkeit, etwas zu verstehen, drückt sich für mich sehr gut in einem auf Twitter gefundenen Kommentar aus. Es ging um die Formulierung "an oder mit Corona gestorben." Die Mehrheit der Diskutanten war auf heftige Weise gegen diese Formulierung. Das wäre "Coronaleugner-Sprech". Schließlich sei es respektlos den Toten gegenüber und ja auch egal. Ich sage: Nein! Es ist eben nicht egal. Und auch nicht respektlos. Sondern es trägt zur Konkretisierung eines Sachverhaltes bei, wenn man Fakten benennt und bestimmte Dinge nicht vermischt, sondern klar trennt. Und das ist niemals falsch.

 

***

 

Wenn ich nächstes Weihnachten wieder dieselben Weihnachtsschmuckstücke aus ihrer Kiste nehme, betrachte und an den Baum hänge - dann werden wir alle schon mehr wissen als heute. Dabei ist sehr wahrscheinlich, dass heutige Standpunkte sich zumindest teilweise als falsch herausstellten und wir uns korrigieren mussten. Das ist zwar nicht schön, aber normal.

 

Veränderung, Du weisst es. 

 

Vielleicht werden manche Zusammenhänge dann klarer sein als heute.