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Hervorgeholt: Zwei Bräute im falschen Kleid

...und Diebstahl am kalten Buffet

Die zwei Bräute dieser Geschichte.....
Die zwei Bräute dieser Geschichte.....

 

Heute, Anfang November 2020, habe ich Dir diesen Täterwerkstattsbeitrag aus dem Juni 2019 noch mal rausgekramt. Ich dachte mir, momentan brauchen wir was Amüsantes! Also dann:

 

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Als ich zufällig vor ein paar Tagen an einem schön dekorierten Brautladenfenster vorbeikam (Bild siehe ganz unten), erinnerte ich mich kurz darauf an eine Geschichte, die ich mal erlebt habe. Ist schon lange her. Aber schön.

 

Also, pass auf:

 

An einem Sommersamstagnachmittag war ich mit meinem damaligen Freund in einem Restaurant, was auch einen kleinen Saal für Feierlichkeiten hatte. Es war so gegen 17 Uhr, als wir herein kamen und nur schnell was trinken wollten. 

 

Die Kellnerin kam auf uns zugeschossen und erklärte, dass heute hier geschlossene Gesellschaft sei, eine Doppelhochzeit. Weil sie uns aber kannte und leiden konnte, sagte sie: "Solange noch keiner da ist, könnt ihr da hinten in der Ecke an dem Vierertisch sitzen." Sie verfrachtete uns hinter eine dicke Säule, von wo aus wir guten Überblick über das Restaurant und den Eingang zum angrenzenden Saal hatten, selber aber nicht gleich gesehen wurden.

 

Eine Weile passierte nichts. Wir freuten uns an diesem heißen Tag über das kalte Bier und unterhielten uns. Das Küchenpersonal dekorierte unterdessen fleißig das kalte Buffet für die Hochzeit und schleppte Platten, Schüsseln, Schalen, Teller, Tabletts mit diversen Köstlichkeiten herein. Wir guckten neidisch, was aber keiner mitkriegte, weil wir hinter der Säule waren.

 

Dann kamen die Gäste!  Eine wirklich imposante Festgesellschaft mit zwei Brautpaaren.

 

Und die Bräute ! 

 

Wir waren überwältigt. Es war wirklich ein krasser Anblick. Und zwar deswegen, weil die Damen genau falsch rum angezogen waren. Vorab will ich noch sagen, dass trotz allem, was ich jetzt hier erzähle, beide Frauen auf ihre Art hübsch aussahen und ihre Hochzeitsbilder sicher nicht verstecken müssen.

 

Die erste Braut war eine kleine, blasse, dünne, ganz zarte Frau mit winzigem Gesicht, spitzem Näschen und dunkelblondem Kurzhaar. Sie hatte eine Figur wie ein Kind. Diese Zarte trug nun ein ganz schmales, langes, enges Kleid aus einem festen Stoff. Die Braut steckte wie in einem Futteral aus weiß-silbernem Stoff, aus dem nur Kopf, Füße und ein Teil der Arme herausschauten. Sehr unvorteilhaft machte das Kleid die ohnehin zarte Figur vorne und hinten platt. Wirklich schade. In einem luftigen zarten Spitzenkleid hätte sie bestimmt super ausgesehen. Wenigstens war auch der sehr flache Bauch über jeden Zweifel erhaben....

 

Was man bei Braut Nummer zwei nicht sagen konnte. Eine üppige Bombe mit funkelnden Kirschenaugen, dicken roten Bäckchen, einem Kussmund und hochgesteckten braunen Locken - das blühende Leben. Diese nun trug ein Kleid, was eine Explosion aus Spitze zu sein schien. Hier war, wie an der Braut, alles dran, und davon bissel sehr viel. Puffärmel, Rüschen, Volants, Schleifchen, ein wogender Rock - der Wahnsinn. Sie sah schon appetitlich aus in dem Teil, aber sicher doppelt so dick, wie sie eigentlich war. Hätte sie ein Modell wie Braut Nummer eins getragen, wäre das perfekt gewesen.

 

Nachdem die festlichen Familien im Saal verschwunden waren, tauschten wir natürlich hinter der Säule unsere Eindrücke aus. Was die Kleider betrifft, sind Männer ja oft einfach nicht an Details interessiert. Was meinem Freund aber aufgefallen war: Die "Dünne" und die "Dicke" waren zwar krass angezogen, hatten aber wenigstens rein optisch gesehn den richtigen Mann erwischt.

 

Die Dünne einen Dünnen mit dünnem Haar und geringfügigem Schnauzbart. Die Dicke einen Dicken mit schwarzen prächtigen Locken. Also war ja alles gut. Denn die Kleider waren eh nur für heute, die Paare aber sollten ja länger zusammen sein.

 

Wir lästerten noch ein wenig, aber gutmütig, denn wir waren und sind keine bösen Menschen. Immer noch saßen wir hinter der Säule und waren vom Gastraum aus sicher kaum zu sehen. Das erklärt auch, was sich nun ereignete.

 

Aus dem Ballsaal kamen zwei kleine alte Damen geschlichen. Festlich gekleidet, eine trug sogar ein schickes Hütchen. Beide hatten Handtaschen an ihrem Arm baumeln, keine kleinen. An sich nichts ungewöhnliches bei Frauen jeden Alters. Sie sahen uns nicht und wähnten sich allein im Restaurant. Die Gesellschaft war ja im Saal. Plätze wurden eingenommen, es wurde gelacht und laut gescherzt, ein DJ nahm seine Anlage in Betrieb. Also ein typischer Festauftakt. Man rückte Stühle, begrüßte sich und rief sich Scherzworte zu.

 

Nicht so unsere beiden Damen. Hatten diese diebischen Elstern sich doch aus einem bestimmten Grund von ihrer Sippe entfernt. Sie schauten sich prüfend um, ob sie wirklich allein waren. Dann traten sie an das kalte Buffet und überflogen es mit gierigem, gleichzeitig kompetentem Blick.

 

Nun wurden die Handtaschen geöffnet und einige Leckerbissen des Buffets verschwanden darin. Und das, bevor es eröffnet wurde. Die beiden gingen vorsichtig zu Werke, damit die Dekoration nicht zerstört wurde. Entnahmen hier zwei Scheibchen, da ein Bulettchen, dort ein Würstchen und ein Schnitzelchen und so weiter. Hoffentlich hatten sie ihre Handtaschen gut präpariert.

 

Wir hinter der Säule verhielten uns leise, konnten aber eigentlich nicht mehr, so komisch war die Situation und so dringend mussten wir laut lachen. Wir rissen uns aber zusammen. 

 

Nur mein Freund räusperte sich und sprach dann mit seiner tiefen, lauten Baßstimme deutlich und langsam: "Na, na, na ! Wer wird denn wohl....Gehört sich das denn ?" Das - hat gereicht.

 

Die beiden Elstern erschraken fürchterlich und stürzten mit ihren Handtaschen davon, direkt in den Saal hinein, in den Schoß der schützenden Familie. Sie hatten ja nur plötzlich die laute Stimme gehört und niemanden gesehen, wodurch das ganze für beide sicher extra schrecklich war. Aber Fakt ist, dass diese Damen nicht wieder so schnell irgendwo was mitgehen lassen würden - das war klar.

 

Wir gingen dann und ließen die Gesellschaft in Ruhe Hochzeit feiern. Es war bestimmt noch ein sehr schöner Abend und unvergesslich für die beiden Paare.

 

Ich hoffe, sie sind auch heute noch zusammen. Vielleicht fragt dann bald mal ein Enkelkind: "Omi, was hast Du denn da auf Deiner Hochzeit für ein komisches Kleid an ? War das damals modern ?"

 

 

Hier nochmal was fürs Auge. Also, die Dünne trug so ein ähnliches Kleid wie Modell Mari, Bild 2. Die Dicke hatte Mimi-Ähnliches, Bild 1, an.

 

Und mein Favorit (nenn mich ruhig Dicke Nummer zwei....) ist das Lisa-Kleid, Bild 3. Das gefällt mir richtig gut. Laut Brautkatalog ist Lisa auch für Schiffstrauungen geeignet (gut zu wissen....). Sicher liegt das daran, dass es relativ übersichtlich ist und keinen Reifrock und Schleppe hat, womit man dann von Bord gefegt wird vom Wind. Na - dann kann ja nichts mehr passieren.

 

Schaufenster Brautladen Dippoldiswalde  und Auslöser meiner Erinnerung an diese Geschichte

 

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Der Maulwurf verdreht die Augen und versteht die Aufregung nicht. Er brummelt und schleicht sich weg. Ich glaube, ich habe "Weiberkram" gehört.

 

Dippser Rosen auf der Weisseritzstraße