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Mensch und Maulwurf: ein Dialog (4)

Heute: Der frühe Vogel....

 

Es wird ein heißer Tag.

 

Weil wir das schon vorher wissen, machen wir uns beizeiten auf den Weg hinaus. Der frühe Morgen ist traumhaft, die Luft noch frisch. Die Sonne scheint, aber nicht heiß. Ein leichter Wind geht. Ausgerüstet mit Badesachen und Kaffeeflasche sind wir schon kurz nach sechs unterwegs. Als wir nach drei Stunden gemütlich zu Hause beim Frühstück sitzen, fallen dem Maulwurf fast die Augen zu, so müde ist er.

 

Yvonne: "Na, noch ein Käffchen?"

Maulwurf (guckt hohläugig in die Gegend): "Ja, bitte. Unbedingt."

Yvonne (gießt Kaffee in Pawels Tasse): "Hier bitteschön, schwarz und stark wie ein Maulwurf....."

Maulwurf (schlürft angestrengt): "Danke."

Yvonne (mit kritischem Blick auf Pawels Augenringe): "Sag mal...., wann bist Du denn eigentlich ins Bett gestern? Du fällst ja gleich um."

Maulwurf: "Oh, äh, ich glaube, das war .... so gegen drei."

Yvonne: "Na, da musst Du Dich nicht wundern. Knapp drei Stunden Schlaf sind dann doch bissel wenig...."

Maulwurf: "Du musst grad reden, wo Du doch selber meistens bis in die Nacht hinein auf bist."

Yvonne: "Stimmt. Aber ich geh nicht unter vier Stunden, besser fünf,  das ist so meine Grenze. Eigentlich. Schaff' ich auch nicht immer."

Maulwurf: "Zum Glück gibts Kaffee....."

Yvonne (schenkt Kaffee für beide nach): "Da gibts so ein altes Zitat von Benjamin Franklin, Gründervater der USA, Politiker, Drucker und Naturwissenschaftler. Der hat auch den Blitzableiter erfunden und die Benennung elektrischer Ladungen in positiv und negativ eingeführt. Ein sehr kluger und erfolgreicher Mann also, der 1735 schon wusste:

 

"Early to bed and early to rise makes a man healthy and wealthy and wise."

 

Maulwurf: "A man?"

Yvonne: "Von mir aus auch a woman and a mole...."

Maulwurf: "A mole bin ich?"

Yvonne: "Genau."

Maulwurf (guckt konzentriert, denkt nach): "Warum ist das eigentlich so? Ich meine, klar: zwei, drei Stunden Schlaf nachts sind zu wenig. Wenn ich aber früh um drei einschlafe und dann bis zehn durchratze, ist das eigentlich lange genug. Trotzdem bin ich da mehr müde hinterher als wenn ich zum Beispiel um zehn abends einschlafe und dann sechs, sieben Stunden hab. Warum?"

 

Der Zauber der frühen Stunden....
Der Zauber der frühen Stunden....

 

Yvonne (grinst): "Der Schlaf vor Mitternacht ist halt der gesündeste....." 

Maulwurf (verdreht die Augen): "Das behaupten die selben Tanten, die auch sagen: "Wenn Dich böse Buben locken, bleib zu Haus und stopfe Socken."

Yvonne: "........"

Maulwurf: "Egal, ich hab eh keine Socken."

Yvonne: "Nee, mal im Ernst: Viele Lebewesen haben so eine innere Uhr, die uns grundsätzlich sagt: Sei am Tag wach und schlafe nachts. Die Helligkeit spielt dabei eine Rolle. Und ein Hormon namens Melatonin -  das ist lichtabhängig  und wird in der Zirbeldrüse unseres Gehirns produziert. Deswegen ist Schichtarbeit oft schwer zu ertragen. Und man kriegt einen Jetlag bei Reisen in andere Zeitzonen. Oder wenn man aus andern Gründen nachts wach ist. Da muss sich die innere Uhr erst wieder richtig einstellen."

Maulwurf (trocken): "Das wird Ute bestimmt sehr romantisch finden...."

Yvonne: "Du meinst, weil Du mit ihr bis früh um drei um die Häuser gezogen bist und Dich danach so fertig wie nach einem Transatlantikflug fühlst?!"

Maulwurf: "Genau. Frauen sind eben komisch.....'

Yvonne: "Sag ich auch immer."

Maulwurf (streckt sich): "Ich geh dann erst mal meine innere Uhr neu stellen....(kichert)....Wie hieß doch gleich das Einschlafhormon? Melanie?"

Yvonne: "Me-la-to-nien. Ist besser, Du gehst jetzt wirklich eine Runde schlafen. Ich weck Dich nachmittags zum Eis essen, ok?"

Maulwurf (gähnt herzhaft): "Versprochen?"

Yvonne: "Versprochen."

 

Der Maulwurf klettert die Treppe zum Schlafzimmer hoch und ruft, als ich ihn schon nicht mehr sehe: "Black Mamba!!!" Zum Glück weiß ich, dass er keine gefähliche Schlange gefunden hat, sondern seine momentane Lieblings-Eissorte meint. Schwarzes Eis, das wie Teer aussieht, süß und cremig auf der Zunge zergeht und nach Vanille schmeckt.

 

Zum Glück hat der Maulwurf nicht nur keine Socken, sondern auch kein weißes T-Shirt......

 

Kaffee!
Kaffee!

 

***