· 

Sind wir an der Stelle noch richtig, wo wir sind?

Zeit für Veränderung

www.nichtlustig. de (Joscha Sauer)
www.nichtlustig. de (Joscha Sauer)

 

Zeiten ändern sich. Menschen ändern sich. Meinungen ändern sich.

 

Das ist auch gut so, sonst gäbe es keinen Fortschritt. Immerzu würde man im Althergebrachten verharren und wäre unflexibel und nicht zukunftsfähig, vom Aussterben bedroht. Als Pflanze, Tier, Mensch, Partei. Und auch als Land. (Für Brechtliebhaber verweise ich an der Stelle gerne wieder auf den erbleichenden Herrn Keuner. Saurierfans wissen ebenfalls, was gemeint ist.)

 

Sich fortschrittlich und offen für Neues zu zeigen und dabei Grundwerte, die einen selbst ausmachen zu bewahren, das ist die Kunst.

 

Kein Mitrennen mit dem Mainstream um jeden Preis, doch auch kein verknöchertes Beharren im Veralteten.

 

Nicht immer leicht, diese Balance zu halten. Man kann mal mehr zu der einen oder mal mehr zu der anderen Seite hinneigen. Denn nicht alles Althergebrachte ist bewahrenswert, nicht alles Neue gut oder besser. Wackeln, sich wieder stabilisieren, Standpunkte neu definieren. Ein normaler Prozess.

 

Es sei denn, man fällt ganz um. Warum auch immer. Und vollzieht danach eine astreine 180°-Kehrtwende. Danach ist man für seine Umwelt nicht mehr wiederzuerkennen. Hat man doch seine Grundpositionen über Bord geschmissen und macht jetzt das Gegenteil. Tun das Politiker, so sind die Wähler diejenigen, die sich Fragen stellen.

 

***

 

Ich hab noch vergessen zu sagen, dass sich mit der Zeit auch Zeitschriften ändern. Beispiel: das Politmagazin "Der Spiegel". Bis vor wenigen Jahren las ich es begeistert. Offene, kritische, spannende Auseinandersetzung mit den Fragen unserer Zeit. Breite Debatten zu Themen wie dem Islam in Deutschland, der Integrations- und Sozialpolitik in unserem Land oder auch Fragen des Umweltschutzes, der Wirtschaft, der Geschichte, der Wissenschaft waren möglich und fanden statt. Das war gut.

 

Und heute? Dem Spiegel einseitige Berichterstattung und propagandistische Hetze vorzuwerfen ist nicht übertrieben. Die Titelbilder, früher immer von mir neugierig erwartet, empfinde ich oft als peinlich und kontraproduktiv mit dem ewigen Trump-, Ossi- und Rechts-Bashing. 

 

Holt man sich alte Spiegelmagazine hervor, ist die Veränderung mit Händen zu greifen, so schmerzhaft deutlich.

 

Hier ein Artikel aus dem Jahr 2010. Gute, alte Spiegel-Zeit:

 

Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel 2014 (Foto: dpa)
Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel 2014 (Foto: dpa)

 

***

 

Im Oktober 2010 hielt die Kanzlerin eine Rede auf dem Deutschlandtag der Jungen Union. Darin bezog sie klar Position und fand deutliche Worte zur gerade neu entfachten Debatte über Einwanderung und Integration. Gleichzeitig blieb sie cool und sachlich, wirkte kompetent und glaubwürdig. Dafür verehrte ich diese Frau einst sehr. Eine strukturiert denkende, pragmatische Person. Keine Rampensau des Politzirkus.

 

***

 

 

***

 

Zehn Jahre sind seitdem vergangen. Die Kanzlerin hat ihre Positionen radikal geändert und damit unser Land geprägt. Begründet hat sie das meines Wissens nach nie schlüssig. Vermutlich gibt es hier einen Zusammenhang mit der Europapolitik der EU. Ich wünschte, Angela Merkel würde sich dazu in alter Klarheit äußern.

 

Viele CDU-Anhänger hat sie damit verunsichert, verärgert, ratlos stehengelassen. Mich auch. Ein grundlegendes Überdenken der eigenen Haltung als Bürger in diesem Land war zwingend erforderlich. Diejenigen, die das ernsthaft gemacht haben, taten es nicht aus Spass. Auch heute ist es nicht angenehm, sich für eigene Positionen in Sozial- und Bildunspolitik, bei Fragen zu Integration und Einwanderung, beim Umweltschutz oder als eher kritischer Elektroautobewerter  als "Nazi" eingeordnet zu sehen. Nur weil man eine konservative Position einnimmt, die vor wenigen Jahren noch ganz klarer Ausdruck der Mitte unserer Gesellschaft und grundlegende CDU/CSU-Haltung war.

 

Dabei reicht es heute schon, sich gegen unbegrenzte Zuwanderung, die Aushöhlung der Leistungsgesellschaft (durch Alimentierung von Nichtstun einerseits und der Förderung prekärer Arbeitsverhältnisse andererseits), Klimahysterie, Genderwirrnis und die Rolle der öffentlich-rechtlichen Medien auszusprechen.

 

***

 

Nicht der Wähler ist zum Nazi geworden. Nicht ich habe plötzlich völkische Intensionen, Fremdenhass oder bin intolerant, militant und rassistisch geworden. Sondern die CDU veränderte sich, bis sie nicht mehr wiederzuerkennen war. Der Wähler hat seine Grundhaltung bewahrt und zieht seine Konsequenzen.

 

Die Partei bisher nicht.

 

***

 

Niklas Lotz, 21jähriger Blogger und Autor, drückt es bei Twitter so aus: