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Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den EZB-Anleihenkäufen

Kleiner Laien-Exkurs (für mich)

Die Europäische Zentralbank EZB in Frankfurt / Main (www.stock.adobe.com / Martin Munitz)
Die Europäische Zentralbank EZB in Frankfurt / Main (www.stock.adobe.com / Martin Munitz)

 

Unser Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entschied am 05. Mai 2020, dass der Staatsanleihenkauf durch die Europäische Zentralbank in seiner jetzigen Form rechtlich nicht zulässig ist.

 

Was steckt dahinter? Ich will das Ganze als Nicht-Finanz-Mensch grundsätzlich verstehen. Gehts Dir auch so?

 

Na, dann versuchen wir es:

 

Oberster Verfassungsrichter Andreas Voßkuhle verkündet das EZB-Urteil am 05. Mai 2020
Oberster Verfassungsrichter Andreas Voßkuhle verkündet das EZB-Urteil am 05. Mai 2020

 

Was ist die EZB ?

Die Europäische Zentralbank (EZB) wurde 1999 gegründet und hat ihren Sitz in Deutschland, in Frankfurt am Main. Ihre Aufgaben sind die Geldpolitik in der Eurozone (Stabilität des Euro) und die Bankenaufsicht. Sie ist die einzige Bank in der EU, die Geld drucken lassen darf. Dafür weist sie den Nationalen Zentralbanken Kontingente zu. EZB-Chefin ist derzeit die Französin Christine Lagarde.

 

Die EZB ist die Bank der Banken. Die nationalen Banken der Euroländer, zum Beispiel die Deutsche Bank, sind Kunde bei der EZB und haben dort Konten. Wie ein einzelner Mensch bei seiner Bank.

 

Was ist eine Staatsanleihe ?

Eine Staatsanleihe ist ein Kredit, den ein Land bei einer Bank aufnimmt. Das Land stellt eine Urkunde, die Staatsanleihe aus (also eine Art Schuldschein) und gibt dieses Dokument der Bank. Dafür bekommt das Land Geld. Diese Staatsanleihen-Dokumente gehören jetzt der Bank und können nun gekauft werden, von Dir oder mir. Als Geldanlage. Oder von einer nationalen Bank im Auftrag der EZB. Denn die EZB darf keine Staatsanleihen direkt kaufen, nur von ihrem "Zwischenhändler".

 

Zum Beispiel um marode Volkswirtschaften zu retten (Beispiel Griechenland). Wenn die EZB Staatsanleihen bestimmter Länder von den Zwischenhändlerbanken kauft, pumpt sie Geld in die Volkswirtschaften dieser Länder. Es kommt mehr Geld in den Umlauf.  Damit wird der Euro stabil gehalten. Die Zinsen gehen dabei runter. Neues Geld zu leihen ist billig, sparen lohnt sich nicht.

 

Was ist das für ein Gerichtsverfahren ?

Diese Verfahrensweise der EZB ist rechtlich und finanzpolitisch schon seit Jahren ein Diskussionsthema im Euroraum. Es gibt finanzwirtschaftliche, politische und rechtliche Fragen.  Zum Beispiel beeinflusst der niedrige Zinssatz unsere Ersparnisse negativ und die Immobilienpreise steigen.

 

Geklagt haben mehrere Bürger unseres Landes. Nun hat das Bundesverfassungsgericht in Deutschland geurteilt, weil es ja auch um deutsche Belange geht. Die Verfassungsrichter kamen zu dem Urteil, dass das Handeln der EZB in der gegenwärtigen Form rechtlich nicht zulässig ist.  Brisante Sache, zumal der Europäische Gerichtshof die Handlungsweise der EZB in einem zurückliegenden Urteil im Herbst 2018 nicht in Frage stellte.

 

Das Ergebnis wird im Folgenden kommentiert; siehe  Video aus der Rundschau des BR und Zeitungsartikel in der "Augsburger Allgemeinen" am Artikelende.

 

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Wirtschafts-Redakteurin Corinna Budras schreibt in der FAZ:

 

"Die Richter stellten damit erstmals in ihrer Geschichte einen „ausbrechenden Rechtsakt“ („ultra vires“) der Luxemburger Richter fest, der es dem deutschen Verfassungsgericht ausnahmsweise erlaubt, von der vorgegeben Linie abzuweichen. Damit kommt es zu einem offenen Konflikt zwischen dem höchsten Gericht in Deutschland und dem höchsten Gericht der Europäischen Union."

 

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Was für Konsequenzen hat das Urteil ?

Die EZB-Präsidentin Frau Lagarde sagte, dass sie unabhängig vom Urteil des Bundesverfassungsgerichtes am bisherigen Kurs festhalten werde und auch von der Bundesbank Gehorsam erwarte (Zeit online , 11. 05. 2020). Nun bin ich gespannt, wie unsere Regierung sich dazu verhält. Ist es vorstellbar, das so etwas einfach im Sande verläuft? Ich fürchte es. In einer Zeit, wo der Nationalstaat keine Berechtigung mehr hat, wie die Kanzlerin am 18. 05. 2020 in der Pressekonferenz mit Präsident Macron selber sagte, da kann man es nicht erwarten sich aufzulösen. Die eigene Identität aufzugeben und in einem europäischen Bundesstaat aufzugehen, in dem ein Teil der Mitglieder dauerhaft für die anderen zahlen wird.

 

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Noch dazu in Pandemiezeiten, wo zur Stabilisierung der Volkswirtschaften der EU-Länder viel Geld nötig sein wird. Die Zeit ist also günstig für die weitere "Europäisierung" der unabhängigen Nationalstaaten. Aktuell geht ein Rettungsvorschlag von Bundeskanzlerin Merkel und dem französischen Präsidenten Macron durch die Medien.

 

Und das - ist wieder eine neue Geschichte. Ich bringe sie am kommenden Freitag zur Pressenschau mit.