Entweder - Oder

Über Zusammenarbeitsverweigerung und Parteienverbot - Wie geht das ?

www.pixabay.com / RAMillu
www.pixabay.com / RAMillu

 

In den letzten Tagen besonders und auch sonst des öfteren hören wir von der Verweigerung der Zusammenarbeit mit bestimmten Parteien. Diese Parteien sind in Deutschland meistens die AfD und die Linke.

 

Die Zusammenarbeit mit diesen Parteien wird von den anderen Parteien und deren Politikern vermieden und stigmatisiert. Als wäre es etwas Schmutziges. Immer wieder betonen Politiker verschiedenster Coleur, niemals mit AfD bzw. den Linken zusammenzuarbeiten. Auch andere Berufsgruppen fühlen sich berechtigt und berufen dazu. Politiker und Anhänger dieser Parteien werden ausgegrenzt und teilweise sogar körperlich angegriffen und nicht geschützt.

 

Man bedient sie nicht in Restaurants oder Kantinen, kündigt ihre bürgerlichen Jobs oder Mietverträge, beschmiert ihre Häuser, fackelt ihre Autos ab, bedroht ihre Kinder in der Schule oder woanders, behindert ihre politische Arbeit durch die Verweigerung von Versammlungsorten und das Entfernen von Plakaten zum Beispiel. Von den Beleidigungen und Anfeindungen online mal ganz abgesehen.

 

Weil man sagt: Mit Partei XY arbeite ich nicht, denn sie sind Faschisten/Kommunisten/Sonstwas. Und daraus leitet man dann die Berechtigung für jede Sauerei ab, die sich so mit unliebsamen Gegnern machen lässt. Weit entfernt man sich von demokratischen Grundsätzen.

 

Ich frage mich schon lange: Geht das so eigentlich ? (Im Sinne von "Dürfen die das?")

 

***

Aus eigenem beruflichen Hintergrund weiß ich, dass man in die Situation einer sehr schwierigen Zusammenarbeit mit anderen Firmen/Gremien/Mitarbeitern/Kollegen/Vorgesetzten/Kunden kommen kann. Man muss mit Leuten/Vorgehensweisen/Umständen kooperieren, die man eigentlich ablehnt.

 

ABER: Über allem steht das Ziel, das nur gemeinsam zu erreichen ist: das Funktionieren der  Arbeitsaufgabe.

 

Alle Beteiligten müssen auf irgendeine Weise zusammenwirken, um das Ziel zu realisieren. Wie auch immer. Sich gegenseitig zu boykottieren bringt auf die Dauer nichts und wird auch vom Umfeld nicht toleriert. Stellt sich jemand hin und verweigert diese Zusammenarbeit; das kann man auch durchaus selber sein - dann muss derjenige dieses Umfeld verlassen oder in der Lage sein, es grundlegend zu verändern. Denn er kann mit seiner Verweigerungshaltung nicht das ganze System blockieren. Er hat die Pflicht zur Zusammenarbeit. Folgt er dieser Pflicht nicht, warum auch immer, ist er raus. Es sei denn, er hat die Macht zur Neugestaltung.

 

***

Aber wie ist das bei Politikern ? 

 

In demokratischen Ländern, so auch in Deutschland, gibt es verschiedene Parteien, die unterschiedliche politische Ziele verfolgen und differenziert Wählergruppen ansprechen. Sie alle wurden mal gegründet; haben sich entwickelt und sind nun da. Es ist natürlich, dass diese Parteien miteinander konkurrieren und sich auch teilweise gegenseitig komplett inhaltlich ablehnen.

 

Der Wähler entscheidet mit seiner Stimme über die Macht der Parteien in den verschiedenen Gremien. Daraus entstehen dann Parlamente: der Bundestag, die Landtag usw.. Diese Parlamente sind anteilsmäßig je nach Wahlergebnis besetzt. D. h., der Wähler hat die alle da hingesetzt und sagt nun zu seinen Parlamentariern:" Jetzt arbeitet, und zwar zusammen ! Und bitte möglichst gut und effizient und in meinem Sinne. Setzt um, was ihr angekündigt habt."

 

Wieso ist es jetzt möglich, einer demokratisch gewählten Partei die Zusammenarbeit zu verweigern ? Zu sagen: Du gefällst mir nicht. Du bist schlecht. Mit Dir arbeite ich nicht.

 

Auf Arbeit würden wir sagen: "Sind wir hier bei Wünsch-Dir-Was oder wie?" Man muss sich zusammenraufen, das ist die Grundlage der Bewältigung täglicher, mittelfristiger und langfristiger Aufgaben. Sonst würde man sich den ganzen Tag prügeln und beschimpfen und rauskommen tut gar nichts.

 

So lange Parteien in einer Demokratie zugelassen sind, können sie gewählt werden und haben Ansprüche laut Parteiengesetz. Ihre Vertreter dürfen nicht ausgegrenzt werden.

 

***

 

Frage: Was aber, wenn rechtlich-demokratische  Zweifel an einer Partei bestehen ? Kann eine Partei verboten werden ?

 

Antwort: Wenn eine Partei eine vermeintliche Gefahr darstellt, dann kann sie verboten werden. Da wir in einem demokratischen Rechtssystem leben, ist das wohlweislich streng geregelt. Sonst könnten sich Regierungsparteien wunderbar die Opposition vom Leibe halten, indem sie unliebsame Konkurrenten einfach verbieten lassen. Zweimal wurde in der Bundesrepublik Deutschland schon eine Partei verboten: 1952 die Sozialistische Reichspartei SRP wegen ihrer nationalsozialistischen Orientierung und 1956 die Kommunistische Partei Deutschlands KPD wegen ihres stalinistischen Hintergrunds. Ein NPD-Verbot scheiterte.

 

 

 

Es gibt Verfahrensweisen, die im Grundgesetz und im Parteiengesetz festgelegt wurden (Ausfühlicher Gesetzestext unten hinterm roten Button):

 

"Nach Art. 21 Abs. 2 Grundgesetz (GG) sind Parteien verfassungswidrig, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden. Sie können durch das Bundesverfassungsgericht verboten werden."

 

 

"Eine Partei kann nur dann verboten werden, wenn sie nicht nur eine verfassungsfeindliche Haltung vertritt, sondern diese Haltung auch in aktiv-kämpferischer, aggressiver Weise umsetzen will. Für ein Parteiverbot genügt es also nicht, dass oberste Verfassungswerte in der politischen Meinungsäußerung in Zweifel gezogen, nicht anerkannt, abgelehnt oder ihnen andere entgegengesetzt werden."

 

Nur das Bundesverfassungsgericht kann über ein Parteienverbot entscheiden.

 

Ensprechende rechtliche Schritte dazu können der Bundestag, der Bundesrat oder die Bundesregierung jederzeit einleiten. 

 

Meiner Meinung nach sind diese Gremien nicht nur berechtigt, sondern dazu verpflichtet, bei dem Verdacht auf Verfassungsfeindlichkeit einer Partei aktiv zu werden. Und zwar auf dem Rechtsweg. Zum Schutz der Demokratie. Und das funktioniert nicht mit dem Straßenmob.

 

***

 

Was, wie ich finde, nicht geht, ist die Verweigerung der Zusammenarbeit und die Diffamierung und Ausgrenzung von Kollegen. Von Parlamentariern eines demokratischen Systems. Das mantraartige Wiederholen von Ablehnung und Unterstellungen, was keine Rechtsgrundlage hat, ist eines demokratischen Parlaments nicht würdig und vergiftet die Arbeitsatmosphäre für alle. 

 

Ich hoffe, dass dieses Sandkastenverhalten ("Mit Dir spiele ich nicht.") endlich aufhört und durch eine ernsthafte, zielorientierte und würdige Zusammenarbeit ersetzt wird. 

 

Nie konfliktfrei, aber erwachsen.