Herr Schnupke: Staffel 2 / Folge 2

Angelas Geheimnis

In der letzten Folge waren Herr Schnupke und unser Verkehrsminister gemeinsam mit einem Riesenfroschforscherteam zu einer Exkursion auf dem Sumpfplaneten unterwegs. Dabei konnte der Minister sehen, was die verheerende Ignoranz der Riesenfrösche und deren fehlende Sensibilität für ihre Umwelt angerichtet hatten.

 

Herr Scheuer war sehr beeindruckt von dem Planeten der Frösche. Er staunte über die Vielfalt der grünen, lebendigen Gebiete und erschrak über den Zustand der noch brachliegenden toten Planetenteile, die er auch besichtigte und teilweise durchwanderte.

 

Das alles machte ihn nachdenklich. Auch die Gespräche mit den intelligenten Forscher- und Instandhalterfröschen trugen dazu bei, dass er sich nun noch ernsthafter Gedanken zum Thema Klima, Umwelt und der Politik in diesen Bereichen macht. Schließlich ist er ja auch Mitglied des Klimakabinetts, das sich in dieser Woche mit der Bundeskanzlerin treffen wird.

 

Aufgrund der sich in Berlin überschlagenden Ereignisse durch den Rücktritt von Frau Nahles entschieden Herr Scheuer und Herr Schnupke, dass es nun höchste Zeit sei. Für die Rückreise.  Einer Fortsetzung der Gespräche zwischen Erde und Sumpfplaneten wurde beiderseits zugestimmt. Aus Entführtem und Entführern waren Kollegen geworden - und das nicht im Sinne des Stockholm-Syndroms, ein Glück.

 

Nun aber musste der Minister dringend in sein Amt, zurück auf die Erde. Der Rückflug mit Herrn Schnupke verlief ohne Komplikationen. Die Sumpfplanetenflugmaschinen der Riesenfrösche funktionieren offenbar störungsfreier als unsere Regierungsvehikel. Der Android Andry konnte abgelöst und dem Wartungsteam übergeben werden. Er war auch reif für eine gründliche Überholung durch das kundige Fachpersonal.

 

Und unser Erzähler erzählt Dir, wie die Geschichte weitergeht.

 

***

 

In der Nacht vom Sonntag zu Montag vollzieht man den Personenaustausch Andy-Andry . Niemand außer Herrn Heller und seinen Kollegen der Sicherheitsbehörde sowie Herrn Schnupke weiß davon. Jetzt ist Herr Scheuer wieder Herr Scheuer.

 

Bildgrundlage: Abendzeitung München, 14. 04. 2008

 

Herr Schnupke ist nun schon wieder in Berlin und wird zu einer Gala ins Kanzleramt eingeladen. Hier oben siehst Du ihn schräg hinter Frau Merkel, kurz vor Beginn des kleinen Hauskonzerts, was zu Ehren von Herrn Schnupke gegeben wird. Sichtlich beeindruckt schaut er auf die Musiker, der neue grüne Kaftan steht ihm hervorragend. Er ist auch beeindruckt von Frau Merkel und ihrem schönen Kleid. Das ist doch mal was anderes als so ein Blazer. Da er aber ein Gentleman ist, tut er ganz unbeteiligt und glotzt nicht so aufdringlich.

 

Frau Merkel hat an diesem Sonntag schon eine Menge Theater hinter sich.

 

Durch den Rücktritt von Frau Nahles aus der SPD kommt weitere Unruhe in die Regierungslandschaft. Die Große Koalition ist möglicherweise gefährdet. Zu den Ungeschicklichkeiten der Regierenden in den letzten Wochen, z. B. der Umgang mit Rezo, die Kommentare im Wahlkampf - kommt wieder ein dicker Minuspunkt dazu. Und das nach den Wahlergebnissen vom letzten Sonntag. Man könnte glatt verzweifeln.

 

Nicht so die Kanzlerin. Sie hat sich schick gemacht und die Gala eröffnet. Hinter Herrn Schnupke sitzt Herr Scheuer (jetzt wieder im Original). Er wirkt noch etwas derangiert und hat einen kleinen Jetlag. Ein Glas Sekt hilft, dann lauscht der Minister ebenfalls entspannt der Musik. Herr Schnupke und Herr Scheuer nicken sich kurz zu. Darüber hinaus weist nichts darauf hin, dass sie sich nicht nur kennen, sondern von einigen Stunden noch gemeinsam durch den Sumpf gekrochen sind.

 

Die Verstellung fällt beiden nicht schwer. Schließlich ist Herr Schnupke eine kaltblütige Echse und Herr Scheuer ein erfahrener Politiker.

 

Alles nicht so einfach im Leben.

 

Genau wegen der allgemein angespannten Lage hat sich Frau Merkel kurzerhand gedacht: "Eine kleine Gala für Herrn Schnupke hebt die Stimmung für alle. Außerdem ist es diplomatisch vernünftig, sich mit diesen intelligenten Wesen zu verbünden. Manchmal hat man ja den Eindruck, nicht gerade von überbordender Geisteskraft umgeben zu sein, hier auf der Erde...."

 

Als Naturwissenschaftlerin ist Frau Merkel eine strukturiert denkende Frau mit großem Interesse an anderen Lebensformen außerhalb unserer Galaxie. Nur bei den Lebensformen im Land hat sie etwas den Überblick verloren, so scheint es manchmal in den letzten Jahren.

 

Herr Schnupke indes nimmt nach der Musik am Dinner teil. Alles schmeckt sehr lecker und ist fein angerichtet. Es gibt den einen oder anderen Schluck Wein. Immer ausgesucht zum Essen passend - sehr niveauvoll.

 

Die Kanzlerin kümmert sich zuvorkommend um ihn. Es ist sehr interessant, sich mit dieser Frau in Ruhe zu unterhalten. Trotz der angespannten Lage wirkt sie cool und heiter. Was sie sagt, ist klug und teilweise auch witzig.  Herr Schnupke ist geschmeichelt und begeistert.

 

Aber er ist auch ein geübter Beobachter. Und dann bemerkt er es. Eine kleine, kaum spürbare Unruhe bemächtigt sich der Kanzlerin. Niemand außer dem Froschforscher sieht es.

 

Bild 1:  Kanzleramt Berlin / www.berlin.de

Bild 2: Festtafel / www. colourbox.de

 

Nach anregender Unterhaltung und fantastischem Essen entschuldigt sich Frau Merkel. Sie habe noch einen dringenden Termin, der sich nicht aufschieben lässt. Die Gäste nehmen es gelassen. Sie amüsieren sich gerade sehr gut, alle genießen diese Auszeit vom Berliner Regierungsalltag.

 

Herr Schnupke versteht, dass die Kanzlerin eines Landes viel zu tun hat. Auch ist er neugierig, was jetzt anliegt gerade. An so einem Tag! Vielleicht gibt es gar ein geheimes Treffen mit Frau Nahles ? Oder mit Herrn Scheuer zur Auswertung der Sumpfplanetenexkursion ? Schließlich tagt bald das Klimakabinett. Unauffällig folgt Herr Schnupke Frau Merkel. Sie verschwindet in ihrem Kanzlerinnenbüro. Da Riesenfrösche hervorragende Ohren haben, hört Herr Schnupke die Dusche rauschen. Außerdem werden Schranktüren geöffnet und zugeknallt und Schubladen aufgezogen und wieder geschlossen. Eine Frau singt.

 

Das kann nur Angela Merkel sein. Weit und breit ist ja keine andere Frau da. Vor ihrer Bürotür steht ein Personenschützer mit steinerner Miene. Herr Schnupke fragt sich, ob diese Bodygards einer eigenen Spezies angehören. Noch nie hat er einen gesehen, der seinen Gesichtsausdruck verändert. Er überlegt, ob das auch so bleibt, wenn man dem Typen den Schuh am Kanzleramtsboden festtackert. Sofort verwirft er diesen gemeinen Gedanken wieder.

 

Herr Schnupke wartet, hinter einer Säule versteckt, im Gang vor dem Merkelbüro, am Ende des Treppenaufganges. Durch die große Glasfront des Amtes sieht er einen schönen Sommerabendhimmel und kriegt augenblicklich Sehnsucht nach den Schnupkinnen, den Quappen und seinem Zuhause. Er seufzt. Ab und zu nippt er am Cocktail, den er sich vorsichtshalber mitgenommen hat. Dieser heißt "Tequila Sunrise", das hat ihm gefallen. Und dieses Getränk sieht sehr köstlich aus. Und hilft auch bei Riesenfroschsehnsucht.

 

Da kommt Frau Merkel schon aus ihrem Büro. Das Festkleid hat sie nicht mehr an. Sie trägt jetzt ein sportliches Outfit mit flachen Schuhen und Lederjacke. In der Hand hat sie einen Mopedhelm. Leise geht sie zum Büro vom Minister Scheuer und holt sich dort einen kleinen Schlüssel vom Schreibtisch. Sie kichert.

 

An der Rückseite des Kanzleramts angekommen, steigt Frau Merkel auf einen E-Roller, der hier parkt. Der gehört Herrn Scheuer. Der Roller ist ein Prototyp zum Ausprobieren. Das hat bisher noch niemand gemacht. Deshalb wird das Teil auch keiner vermissen, wenn es ein paar Stunden nicht mehr hier steht. Hauptsache, die Riesenautos an der Vorderfront des Amtes sind noch da, wenn die Gäste herauskommen.

 

Frau Merkel schwingt sich auf den Roller, guckt konzentriert und startet dann mit dem kleinen Schlüssel von Scheuers Schreibtisch das Fahrzeug. Jauchzend fährt sie davon und lässt ihr Kanzleramt für eine Weile hinter sich.

 

Sie ahnt nicht, dass sie verfolgt wird. Von Herrn Schnupke. Er hat seine Raumkapsel auf Stadtmodus umgestellt. Damit kann sie statt fliegen auch fahren und sieht recht normal aus, fast wie ein schicker Sportwagen, bisschen groß vielleicht. Was solls, schließlich sind wir in Berlin und nicht in Wurzen hier.

 

Herr Schnupke verfolgt die Kanzlerin und hofft, unbemerkt zu bleiben.

 

Frau Merkel fährt jetzt durch Steglitz-Zehlendorf. Sie ist fast am Ziel. Von der Spanischen Allee gehts auf dem Kronprinzessinenweg weiter. Dann biegt sie in den Wannseebadweg ein. Sie fährt am großen Bad vorbei und hält auf einem kleinen, verlassenen Parkplatz, der ein ganzes Stück hinter dem Bad am Weg liegt. Sie schließt den Roller ab und geht in Richtung Wasser. Kleine Wellen plätschern freundlich ans Ufer. Von weitem winkt ihr ein Mann. Gerade hat der noch telefoniert. Sie zieht die Schuhe aus und rennt das letzte Stück auf ihn zu. Im Rennen reißt sie sich den Helm vom Kopf und schüttelt die Haare. Dann hat sie ihn erreicht. Er fängt sie auf, nimmt sie in den Arm. Beide lachen. Sie küssen sich.

 

 

Bild 1: Kanzlerin on tour / www.trinity-electro-vehicle.de

Bild 2: Herrn Schnupkes Cocktail "Tequila Sunrise" / www.essen-und-trinken.de

Bild 3: Der geheimnisvolle Mann / www.bbc.com

 

Herr Schnupke beschließt, noch ein Foto von diesem Mann zu machen, da er ihn nicht kennt - Du siehst es oben. Es interessiert Herrn Schnupke schon, wer das nun wieder ist.

 

Du weisst es bestimmt, um wen es sich handelt.

 

Die Affäre der Kanzlerin - was für ein Wahnsinn. Niemals würde er hier irgendetwas weitererzählen oder gar an die Presse geben. Es ist nur seine ganz persönliche Neugier. Er findet, der Mann wirkt trotz seiner geringen Körpergröße sehr lebendig, temperamentvoll - eine Granate im positiven Sinne.

 

Da er aber darüber hinaus ein wirklich diskreter Gentleman-Frosch ist, zieht er sich jetzt zurück und überlässt die beiden sich selbst und ein paar glücklichen Stunden, hoffentlich. 

 

An einer sehr ruhigen Stelle des Sees legt Herr Schnupke kurz entschlossen den neuen Kaftan ins Gras und springt ins Wasser. Was für eine Wohltat nach dem heißen Tag !

 

Wie es weitergeht, erfährst Du bald. Geh derweile mal baden, Wetter ist danach - muss ja nicht der Wannsee sein.

 

***

Am Wannsee / www.berliner-zeitung.de

Dem Maulwurf gefällt die romantische Wannseegeschichte sehr. Und er fragt sich, ob Frau Nahles jetzt auch jemanden hat, der sie auffängt. Er hofft es.