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Tharandt: Tiefes Tal, Schlösschen und Waldgarten

Himmelfahrt im Wald

Dieses Jahr war am Himmelfahrtstag wieder eine kleine Reise fällig. In ein schönes Käfferchen. Tharandt.

 

Bei Tharandt, was fällt Dir da ein ? Hoffentlich eine ganze Menge.

 

Eine kleine sächsische Stadt, die im Tal der Wilden Weißeritz zwischen laubbewaldeten Hängen liegt. Diesem Wald gab sie den Namen: Tharandter Wald. Er erstreckt sich nicht nur in Tharandts Umgebung, sondern weit darüber hinaus, bis nach Hetzdorf, Grillenburg/Hartha und Grund. Nach Dresden ist es nicht weit.

 

Dieser Lage verdankt Tharandt bestimmt auch seine berühmte Lehrstätte zur Forstwissenschaft. Seit 1929 gehört sie zur TU Dresden und ist weltweit eine der ältesten Hochschulen, welche sich mit dem Wald beschäftigen. Bekannte Persönlichkeiten wie zum Beispiel Heinrich Cotta lehrten hier. Deshalb gibt es auch einen Forstbotanischen Garten in Tharandt, um den es noch gehen wird. Später.

 

Durch die Tallage in Flussnähe hatte Tharandt öfter unter Hochwasser zu leiden. Jetzt fließt die "Wilde" zahm durch ihr Flussbett in der kleinen Innenstadt. 

 

Über der Tharandter City mit schönen alten Wohnhäusern, Geschäften und Cafés thront die Bergkirche "Zum Heiligen Kreuz". Sie ist schon von weitem zu sehen. Wir wollen hinauf. Hier beginnt unsere eigentliche Tharandterforschung, nachdem wir vom Bahnhof aus in ein paar Minuten in das Stadtzentrum gelaufen sind.

 

Wir klettern den Kirchsteig zur Kirche rauf, während die Sonne sehr schön scheint. Die Männer müssen in der Mehrzahl doch lieb gewesen sein im vergangenen Jahr, dass es heute so schön ist.

Dann stehen wir vor der kleinen Kirche und genießen die weite Aussicht ins Umland. Leider ist die Kirche heute zu. Nur am Wochenende nachmittags kann man sie auch von innen kennenlernen. Na, immerhin die schöne Kirchentür können wir sehen.

Von der Kirche aus führt der Weg weiter bergan zur kleinen Burg Freital. Man baute sie Anfang des 13. Jahrhunderts. Während der darauffolgenden Jahrhunderte wurde sie nur einmal überfallen. Und das wegen eines Erbschaftsstreites. Momentan wird an der Sanierung der Burgruine gearbeitet. Klicke auf "Burg Freital", wenn Du mehr über ihre Geschichte erfahren möchtest.

 

Gleich neben der Burg liegt ein Schloss.

 

Das kleine Stadtschloss ist noch gar nicht so alt und wurde in den Jahren 1858 - 1861 von einem Bildhauer als Wohnsitz und Atelier gebaut. Danach hatte es bis heute verschiedene Besitzer und wurde auch von der Forsthochschule genutzt. Wikipedia weiß auch hier mehr. 

 

Beim Anblick dieses kleinen Schlosses und dem Wissen, dass es seit einigen Jahren wieder in Privatbesitz ist, spüre ich etwas Neid auf die jetzigen Besitzer. Ich habe eigentlich nie solche Gefühle, aber hier komme ich doch ins Träumen. Gerne würde ich mal über das Grundstück laufen und in das Schloss hineingehen. In die Keller und Räume, in den Garten und auf den Turm.

 

Da wir aber nicht aufdringlich sind und auch nicht verhaftet werden wollen wegen Hausfriedensbruch, zupft der Maulwurf mich am Ärmel und besteht darauf, schnellstens weiterzugehen. Zumal ich schon nach einer Lücke in der Mauer gesucht habe....

 

Also gehen wir weiter die mit Wohnhäusern und Villen gesäumte Straße entlang. Zwei bekannte Häuser davon sind die ehemalige Villa des Herrn Judeichs, eines Wissenschaftlers an der Forstwissenschaftlichen Hochschule. Ein weiteres großes Wohnhaus beherbergte einst Herrn Professor Krutzsch und seine Familie. In der Judeich-Villa ist heute ein Kindergarten drin.

 

Und, Du wirst es ja nicht glauben, an dessen Außenseite treffen wir wieder mal....Frau Kümmel. Für einen Kindergarten doch ein ziemlich gruseliges Ambiente. Wir betrachten die Hexe. Sieh selbst.

 

Diesmal haben wir ein Foto gemacht, falls sich die auslösende Generation später wieder an nichts erinnern kann.

Frau Kümmel is everywhere. 

 

Wohnhaus von Herrn Professor Krutzsch (1772 - 1852). Er lehrte über dreißig Jahre an der Forstwissenschaftlichen Hochschule in Tharandt.

Dem Krutzschschen Haus gegenüber führt ein Weg den Berg hinauf. Nach wenigen Schritten ist der Eingang des Forstbotanischen Gartens erreicht.

Wir betreten ihn und erwarten eigentlich eine Art Garten mit seltenen Bäumen und Sträuchern, schön blühend in dieser Jahreszeit, sehr übersichtlich alles.

 

Denkste, Puppe.

 

Der "Garten" ist ein Dschungel. Eingeteilt in geografische Bereiche, so gibt es zum Beispiel einen Himalaya-Wald und einen Nordamerika-Teil. Und einen Alpengarten. Es ist alles viel größer, schöner und wilder als gedacht. Wir sind wirklich beeindruckt.  Die erwarteten blühenden Sträucher finden wir auch in Mengen. Alleine die verschiedenen Rhododendrons sind beachtlich.

 

Da die Sonne intensiv scheint und alles in voller Pracht grünt und blüht, ist der Duft auch berauschend. Vor allem die seltenen Nadelbäume wie die Zypressenarten riechen süß und würzig zugleich. Ein Traum.

 

Es gibt viele Insekten, die herumschwirren, summen und brummen. Für die muss das hier das reinste Paradies sein. Und ein Kulturschock, wenn die ausgehungerte und zu Tode gelangweilte Biene aus dem Rapsfeld von nebenan aus Versehen hier her kommt. Die sagt sich dann: Hier will ich nie mehr weg.

 

 

Ich will auch nicht weg, aber wenigstens ein großer Kaffee muss jetzt sein. Den gibt es im kleinen Schweizerhäuschen mitten im Forstgarten. Das Häuschen diente früher der Hochschule. Heute beinhaltet es ein winziges Museum mit Café. Eine sehr nette Dame mit schicken Haaren macht einen ausgezeichneten Kaffee und Kekse in Ginkoblattform. Wir sind zufrieden. Hinterher drehen wir gestärkt noch eine Runde durch den wilden Wald.

Weißt Du, welcher Baum der Baum des Jahres 2019 ist ? Etwa nicht ? Hier ist die Antwort: die Flatterulme. Wieder was gelernt. Der Baum mit dem dicken, leicht gedrehten Fuß ist ein Mammutbaum. Groß und schön.

Die Nase voller guter Düfte, die Ohren voll Gesumm und den Blick voll Grün und Bunt verlassen wir den Garten und machen uns an den Abstieg vom Forstgartenberg. Vorher verabschieden wir uns von Pan, dem Gott des Waldes, der am Schweizerhaus wacht. Wir versprechen, bald wiederzukommen. Und er soll gut aufpassen. Vor allem, dass es im Sommer genug Regen gibt. Ich glaube, er lächelt - siehst Du es ?

Wir gehen talwärts Richtung Tharandt Mitte. Der Weg führt vorbei am Tharandter Burgkeller. Der hat einen Biergarten mit einem fantastischen Blick über die Stadt. Der Plan war, hier evtl. noch einen Kaffee oder was Kaltes zu trinken. Da hier aber eindeutig Männertag ist, verwerfe ich den Gedanken. Als ich da vorbeigehe, rufen einige und winken. Einer sagt zu mir: "Wo willst Du denn hin, wo wir doch alle hier sind ?" Tja, ich weiß auch nicht. Jedenfalls lächle ich freundlich und gehe schnell weiter, weil auch der Maulwurf in meiner Handtasche schon rebellisch wird. Ist er gar eifersüchtig ?

Im Tal angekommen verabschieden wir uns von der zahmen Wilden Weißeritz und gehen zum Bahnhof zurück. Bevor wir in den Zug steigen, haben wir noch kurz Zeit für ein paar Bahnhofsimpressionen. Der Tharandter Bahnhof ist zwar eine Ruine, aber immer noch ein imposantes Gebäude. Hier war bestimmt früher jede Menge los. Der Zug kommt. Wir steigen ein.

Im Zug ist es lustig. Es sind natürlich viele Männer unterwegs. Einer spielt Akkordeon und singt mit richtig guter Stimme das Lied vom griechischen Wein. Ein Stück dahinter spielt ein anderer auf einer kleinen Trompete erst Jazziges, dann das Lied vom kleinen Trompeter. Neben mir tönt Helge Schneider aus dem Handy eines Anglers. Lauter musikalische Leute hier.

 

Plötzlich steht ein großer Mann im hellblauen Hemd vor mir und lächelt mich auffordernd an. Ich überlege krampfhaft, woher ich den kenne, dann fällt mir zum Glück ein, dass das nur der Schaffner sein kann - auch wenn er heute nicht so aussieht - warum auch immer. Auf jeden Fall hat er sehr gute Laune und macht später noch eine schöne Ansage, als der Zug in Muldenhütten kurz vor Freiberg hält. Hier steigt eine große Festgesellschaft aus.

 

Er verabschiedet sie mit den Worten: "Ich verabschiede mich auch dieses Jahr wieder von den Freunden der Nacht. Alles Gute und bis zum nächsten Mal dann." Der gefällt mir. Und unser Ausflug ist zu Ende. 

 

***

 

Zu Hause druckst der Maulwurf erst rum, rückt aber dann doch mit der Sprache raus. Er ist enttäuscht, dass wir im Forstgarten eine bestimmte Person nicht getroffen haben. Neiiiiin - nicht Frau Kümmel. Er meint den Philipp. Den Philipp mit der Blumenlaube, Du weißt noch ?

 

Ich tröste ihn damit, dass das mit Philipp schon noch klappen wird. Schließlich sind wir bald mal wieder in Dippoldiswalde, wo die Blumenlaube ist.