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Glauchau: Palla, Schloss und Bellini

Samstag war wieder Ausflugstag für Pawel und mich. Diesmal ging es nach Glauchau in Sachsen. Obwohl Glauchau nur ein Stück hinter Chemnitz liegt, war ich noch nie in meinem Leben dort. Es gab einfach keinen Grund bisher.

 

Das ist jetzt anders. Glauchau steht auf meiner innerlichen Käfferchen-Liste und muss erkundet werden. Du wirst noch sehen und staunen, es lohnt sich.

 

Los geht es vom Bahnhof aus die Otto-Schimmel-Straße stadteinwärts. Da treffen wir nach ein paar Minuten schon auf ein Hammer-Bauwerk. Die ehemaligen Palla-Werke. Zum Zeitpunkt der Begegnung ist uns noch nicht klar, mit wem wir es hier zu tun haben. Wir sehen nur ein beeindruckendes Portal mit angeschlossenem Fabrikgebäude. Eine sehr lange Halle. Hier ein Eindruck von der Straßenseite (Otto-Schimmel-Straße) und von der Rückseite aus:

 

 

Dieser beeindruckende alte Industriekomplex mit seinen repräsentativen Verwaltungsgebäuden und einer Besitzervilla - das sind die ehemaligen Palla-Werke. Textilwerke (Weberei und Strickerei), die es von 1831 - 1990 gab. Sie sind verlassen, teilweise in neuer Nutzung. Wenn man sich das große Grundstück und die Restgebäude anschaut, kann man sich noch vorstellen, wie groß dieser Standort der Textilindustrie einst war.

 

 

Und wie schwer es Glauchau und seine Umgebung in den Jahren nach der Werksschließung getroffen hat. Tausende Arbeitsplätze fielen dadurch weg. Neue gab es kaum.

 

Beim späteren Recherchieren ist zu erfahren, dass ein Großteil der Produktionsgebäude schon abgerissen wurde. Man sieht es auch an der Rückansicht. Nur der historisch wertvolle Teil, der auch auf den Bildern oben zu sehen ist, sozusagen die Fassade zur Otto-Schimmel-Straße hin, blieb bisher verschont. Man suchte nach einem neuen Nutzungskonzept für dieses Areal, nach Investoren.

 

Leider hat das bisher nicht geklappt. Vom abgerissenen Teil gibt es nur noch Fotos:

 

 

Diese vier Bilder habe ich auf IKF Industriekultur - Fotografie gefunden. Wenn Du mehr sehen willst, klicke die Webadresse hier an.

 

 

Bilder der Palla-Vergangenheit, hier aus den 1980er Jahren:

 

 

 

Von der Palla aus gehen wir weiter stadteinwärts über eine Brücke, die über ein Tal mit einer tiefergelegenen Straße führt. Glauchau ist eine sehr grüne Stadt.

 

 

Dann haben wir den Stadtkern erreicht. Er liegt um den Markt und die Kirche St. Georgen herum und in der Nähe des Glauchauer Schlosses. 

 

 

Und, Du wirst es kaum glauben, Herr Schnupke war auch schon hier. Er hat in einem Durchgang ein Graffiti für uns hinterlassen. Unverkennbar Schnupke, oder, was meinst Du ?

 

 

Wir bummeln durch die kleinen Straßen, die am Samstag Nachmittag meistens ganz ruhig sind. Nur ab und zu machen ein paar Kinder Krach und hören Musik, damit es nicht zu still ist. Wir gehen am Theater vorbei hin zur Kirche, gucken dort mal hinein und sind dann schon sehr gespannt. Auf das Schloss.

 

Und dann liegt es vor uns.

 

Im Schloss

Das Schloss ist eigentlich zwei Schlösser. Zuerst wurde Schloss Forderglauchau gebaut (ja, mit "F"), dann Schloss Hinterglauchau. Sie ergeben zusammen einen Schlosskomplex mit doppeltem Innenhof. Der erste ist etwas größer. Von hier aus kann man den Eingang einer Galerie sehen. Außerdem ist in Forderglauchau die Stadtbibliothek untergebracht. In diesem ersten Hof steht gerade eine Hochzeitsgesellschaft und feiert. Die Kinder haben eine kleine Hüpfburg bekommen. Darin SITZT ein einziges Kind. Die anderen traun sich noch nicht, wie es scheint.

 

In den zweiten Hof, den vom Schloss Hinterglauchau, kommt man durch ein verziertes Holztor. In diesem zweiten Hof steht eine große Kastanie in voller Blüte. Das sieht wunderschön aus.

 

Nachdem wir die Hochzeitsgesellschaft hinter uns gelassen haben, treffen wir im gesamten Schloss außer zwei Mitarbeitern nur noch auf zwei weitere Besucher. Es ist traumhaft. Man fühlt sich verzaubert, da die Schlossatmosphäre ungehindert wirken kann. Ich liebe es jetzt schon. Der Maulwurf darf raus.

 

 

Durch einen Vorraum, wo ich die Eintrittskarte kaufe, betreten wir das Schloss. Dann geht es durch lange Gänge und verschiedene Wohnräume der ehemaligen Schlossbesitzer, der Familie von Schönburg. Über die Schlossgeschichte kannst Du Dich hier informieren.

 

Zuerst gehen wir in den ersten Stock eines Seitenflügels. Die einzelnen Räume sind in verschiedenen Zeitaltern mit originalen Stücken eingerichtet und gestaltet. Die Liebe zum Detail, mit der das gemacht ist, beeindruckt. Wenn man will, fühlt man sich in vergangene Zeit hineinversetzt.

 

 

Dann geht es über eine breite Treppe in den ersten Stock. Hier ist ein weiterer, größerer Wohntrakt zu besichtigen.

 

 

Außer den beeindruckenden Wohnräumen kann man sich drei Ausstellungen anschauen. Eine davon zeigt das Leben und Arbeiten der sächsischen Weber. Wie hart und arm deren Leben war. Ca. 16 Stunden Arbeit täglich am Webstuhl, geringer Verdienst, schlechte Wohnverhältnisse und immer zu wenig zu essen. Wie gut wir es da heute haben, verglichen damit.

 

Mediziner und Kunstliebhaber: Prof. Dr. med. Paul Geipel (1869 - 1956) / Ausstellungsfoto Museum
Mediziner und Kunstliebhaber: Prof. Dr. med. Paul Geipel (1869 - 1956) / Ausstellungsfoto Museum

 

Die andere Ausstellung hat etwas mit dem Dresdner Arzt Herrn Prof. Dr. Geipel zu tun. Er wurde 1869 in Zwickau geboren. Herr Dr. Geipel war nicht nur ein sehr erfolgreicher Mediziner, sondern auch ein leidenschaftlicher Sammler von Kunst, Mineralien und Fossilien. Über sein Leben erfährst Du etwas, wenn Du oben auf seinen Namen klickst.

 

Seine wirklich umfangreiche private Sammlung schenkte er 1940 dem Schloss Glauchau. Damit wurde eine Dauerausstellung eingerichtet. Hier kannst Du Bilder verschiedener Maler aus unterschiedlichen Epochen sehen, Skulpturen von Bildhauern, riesige Amethyste, Quarze und einige Fossilien. Herr Dr. Geipel war ein wirklich fleißiger und wohlhabender Sammler. Er besaß sogar eine alte deutsche Chronik, welche aus dem Besitz der berühmten Bankerfamilie Fugger stammt. Auch dieses mächtige Buch kannst Du in Glauchau bewundern.

 

Aktuell zeigt Schloss Hinterglauchau zusätzlich zu der Dauerausstellung aus der Geipelschen Schenkung auch noch Sammlerstücke aus seinem Nachlass, die dem Museum für einige Monate zur Verfügung gestellt wurden. Bis Herbst 2019 kannst Du Dir das noch anschauen.

 

Es ist von Dürer bis Kollwitz alles dabei. Unglaubliche Vielfalt. Der Schnee auf der Winterlandschaft von Bernhard Schröter leuchtet richtig. Geh hin.

 

Hier ein kleiner Eindruck von Herrn Dr. Gneipel und seinen Schätzen:

 

 

Eine weitere Ausstellung zeigt Arbeiten des zeitgenössischen Glauchauer Künstlers Frithjof Herrmann. Es sind farbintensive moderne Werke, meist großformatig. Leider dürfen hier keine Fotos gemacht werden. Herr Herrmann hat bis 2000 als Kunsterzieher gearbeitet und ist seitdem freier Maler und Grafiker.

 

Herr Herrmann ist eine moderne Person und hat deshalb eine eigene Website. Die findest Du HIER.

 

Einige Bilder zeige ich Dir vorab; ich hoffe, Herr Herrmann hat nichts dagegen:

 

Bellini

Wir verlassen das Schloss. Davor finden wir ein sehr schönes italienisches Restaurant mit dem Namen "Bellini". Auf dem mittleren Bild ist es nicht zu sehen, befindet sich aber mit seinem schönen Garten hinter dem Zaun rechts. 

 

 

Leider ist das Bellini geschlossen. Wir merken es uns aber auf unserer Wunschliste für einen späteren Besuch vor. Von der leckeren Pizza, die es hier geben soll, können wir im Moment nur träumen. Das kleine Anwesen hat etwas sehr Anziehendes.

 

Jetzt aber treten wir den Rückweg an und holen uns unterwegs noch einen Kaffee.

 

Am Bahnhof angekommen, bleiben noch ein paar Minuten. 

 

 

Wir verabschieden uns von Glauchau. Der Maulwurf heute als kleiner Prinz.

 

***

 

Eine Frage lässt ihm jedoch keine Ruhe: Was ist wohl hinter der Tür auf dem Bild rechts unten ? Haben wir im Schloss gefunden. Was meinst Du ? (Nein, es ist kein WC....). Vielleicht ist das ja schon wieder eine neue Geschichte....