Zwischen Seifersdorf, Spechtritz und Rabenau unterwegs
Heute wollen wir den vorgestern begonnenen königlichen Ausflug fortsetzen. Wir waren bis zum Prinzengässchen an der Seifersdorfer Kirche (Dippoldiswalde) gekommen.
Von hier (siehe Karte Nummer 1) aus geht es heute weiter; Richtung Spechtritz/Rabenau.
Ein Stück hinter der Kirche biegen wir auf die Alte Meißner Straße ein, die heute ein Weg ist. Gute Aussicht hat man von hier oben nahe am Aschenberg. Sein Name kommt nicht von Asche, sondern von den Eschen, den Bäumen.
Wir erreichen den Lange-Grund und die Friedenslinde von Seifersdorf (2).
Diese Linde wurde 1892 erstmals schriftlich erwähnt, doch sie ist wesentlich älter. Die Chronik von Seifersdorf erzählt, dass mehrmals der Blitz in die Linde einschlug und sie deshalb eher gedrungen gewachsen ist als in die Höhe. Heute ist die Linde mit baumportal.de bestimmt knapp vierhundert Jahre alt, sie könnte also am Ende des Dreißigjährigen Krieges (1648) gepflanzt worden sein.
Dieser lange Krieg hatte auch in der hiesigen Gegend für Verwüstung und Tod gesorgt. 1647 wurde das Dorf Borlas von den Schweden geplündert, über das Niederbrennen des kleinen Seifen nahe Paulsdorf im Jahr 1639 haben wir HIER schon berichtet. Die Stadt Rabenau wurde mehrfach geplündert und ebenfalls 1639 bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Dippoldiswalde hatte zum Beginn des Krieges im Jahr 1618 1.892 Einwohner. 1644 dann, vier Jahre vor Kriegsende, zählt man schon nur noch 982 Menschen, die hier lebten.
Zwei Katastrophen gingen mit Datum in die Stadtgeschichte Dippoldiswaldes ein. Am 06. September 1633 wurde die Stadt von Truppen des Feldmarschalls Heinrich von Holk (Gefolgsmann von Wallenstein) in Brand gesteckt. Dabei fiel außer dem Schloss, der Nicolaikirche und wenigen Häusern fast die ganze Stadt den Flammen zum Opfer, viele Menschen starben. Und dann der 07. Oktober 1634: Wieder wurde Dippoldiswalde von marodierenden Truppen angezündet; 150 Häuser verbrannten.
Holk selbst starb mit nur 34 Jahren noch lange vor Ende des Dreißigjährigen Krieges wahrscheinlich an der Pest.
Außer den Kriegsgreuel und der Zerstörung kamen Hunger, Krankheit, Armut, Elend und Seuchen über die Menschen. In Mitteleuropa schwand die Bevölkerung in dieser Zeit durchschnittlich um ca. 40 %, in manchen Gebieten bis zu zwei Dritteln. Ganze Dörfer wurden vernichtet und niemals wieder aufgebaut, auch hier in dieser Gegend. Der Krieg dauerte drei Jahrzehnte und forderte anteilmäßig viel mehr Opfer als der Zweite Weltkrieg. Die Überlebenden waren oft traumatisiert; die Welt hatte sich für immer verändert.
Es war Zeit, Friedenslinden zu pflanzen.
Wir finden einen schönen Platz an einem winzigen Teich im Lange-Grund, gleich in der Nähe der Friedenslinde. Eine Pause tut hier gut.
An diesem sehr windigen Tag Anfang Oktober liegt gerade noch ein Hauch Sommer in der Luft:
Dann geht es weiter über die Alte Meißner Straße, die Spechtritzer Straße (auch ein nur ein Weg) bis zu einer Wegkreuzung. Hier biegen wir scharf rechts auf einen verlockenden namenlosen Feldweg ein, der einen weiten Blick über die Wiesen und Felder bereithält. Der Lange-Grund mit seinen Bäumen und Büschen zieht sich quer vor uns bis ins Weißeritztal hinunter. Irgendwann hört der Weg auf (siehe Karte bei 3), es geht weiter über die Wiese am oberen Rand des Rabenauer Grundes.
Es duftet nach Wiese und Pilzen, jetzt scheint auch die Sonne kräftiger. Ein herrlicher Tag. Und weit und breit kein Mensch.
Ein bewaldetes Stück Hang rutschen wir hinunter, überqueren fix die Gleise der kleinen Weißeritztalbahn und sind dann wieder auf dem schönen Hauptweg (Punkt 4 auf der Karte), der neben dem Fluss talabwärts bis nach Freital-Cossmannsdorf führt. Wunderschön, dieser Weg. So romantisch und ursprünglich zeigt sich das Flusstal zwischen hohen Felsen, die alten Bäume scheinen in den Himmel zu wachsen. Ich kann es nur empfehlen, hier mal herzukommen - und zwar abseits solcher Tage wie Pfingsten, Ostern und Schönwetterferienwochenenden.
Denn die Natur offenbart sich nur abseits des menschlichen Trubels. Das ist ihr Geschenk an denjenigen, der das begriffen hat und sich danach richtet - glaube ich.
Wir gehen heute nur bis Rabenau (Punkt 5) und fahren von da aus noch ein Stück mit der Schmalspurbahn Richtung Dippoldiswalde.