Frau, Mutter, Unternehmerin
Annaberg: Brunnen am Markt / www. wikipedia.de, B.-Uthmann-Haus / Täterwerkstatt, Uthmann-Ring / www.bus-bild.de
Wer nach Annaberg-Buchholz kommt, der kann an einer Frau nicht vorbei.
An Barbara Uthmann.
Es gibt den Barbara-Uthmann-Brunnen auf dem Markt, eine Straße namens Barbara-Uthmann-Ring, ein Barbara-Uthmann-Haus im Stadtzentrum, eine besonders aufwändig gestaltete Grabstätte auf dem Alten Friedhof in der Nähe der Auferstehunglinde. Und sicher noch viel mehr.
Wer war diese Frau ?
Machen wir uns auf Spurensuche. Kommst Du mit ?
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Barbara Uthmann lebte im 16. Jarhundert in der neu gegründeten Bergstadt Annaberg am Fuß des Pöhlberges im Erzgebirge. Sie war Bürgerin, Ehefrau, Unternehmerin und Mutter von 12 Kindern, die das Erwachsenenalter erreichten. Eine beachtliche Leistung, bedenkt man die hohe Kindersterblichkeit in dieser Zeit. Die machte auch vor Wohlhabenden nicht halt.
Das Ungwöhnliche an ihrem Leben aber ist die Tatsache, dass sie als Frau in der Mitte des 16. Jahrhunderts so erfolgreich als Unternehmerin tätig war. Damals sehr selten und nicht üblich. Stand doch der Mann gesetzlich höher als die Frau und war für Finanzen, Technik und Politik zuständig.
Wohlhabende Frauen waren für Kinder, Haus und Hof verantwortlich. Nur arme Frauen arbeiteten, um für ihr Überleben zu sorgen. Eine führende Rolle in der Wirtschaft dieser Zeit für eine Frau?
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Im Ergebirgsmuseum gegenüber der Annenkirche in Annaberg ehrt man Barbara Uthmann mit einer Dauerausstellung. Die haben wir uns angeguckt.
Bürgerinnentracht, Stadtwappen Annaberg, Schnitzbüste Barbara Uthmann
Barbara von Elterlein, so ihr Mädchenname, wurde 1513 in Elterlein geboren. Ihr Vater Heinrich war Hammer- und Bergherr, damals eine führende Person im Bergwesen. Ihre Mutter Ottilie kümmerte sich um Kinder und Haushalt. Die Familie war wohlhabend. Beide Eltern kamen aus angesehenen und guten Verhältnissen. Barbaras Großvater mütterlicherseits war Bürgermeister der Stadt Chemnitz. Der Opa väterlicherseits war ebenfalls Hammerherr.
Barbara bekam eine gute Ausbildung, auch als Mädchen.
Im Jahr 1529, also sechzehnjährig, heiratete sie den jungen Christoph Uthmann, einen zweiundzwanzigjährigen Schlesier. Der war mit seiner verwitweten Mutter nach Annaberg gekommen.
Das Paar bezog in Annaberg ein eigenes Haus. Christoph Uthmann arbeitete im Bergwesen. Die Familie besaß eine Saigerhütte in Grünthal/Olbernhau (gehört seit 2019 zum Weltkulturerbe Erzgebirge). Saigern war damals ein Schmelzverfahren, mit dem man das im Rohkupfer enthaltene Silber rausholte.
Nach und nach wurden den Uthmanns 15 Kinder geboren, 12 wurden erwachsen. Frau Uthmann legte auf Förderung und Bildung ihrer Kinder großen Wert und kümmerte sich gut um sie. Alle machten ihren Weg, nur ein Sohn machte ihr durch seinen leichtsinnigen Lebenswandel und seine Schulden Schwierigkeiten. Zum Schutz der Schwiegertochter und der Enkelkinder veranlasste sie die Übertragung des Hauses an die Schwiegertochter. Sicher ist ihr das nicht leichtgefallen. Bestimmt hat sie auch ihr schwieriges Kind geliebt.
Frau Barbara war als sogenannte Bortenverlegerin tätig. Sie kaufte Material und leitete das mit den entsprechenden Aufträgen an Heimarbeiterinnen weiter. Bis zu 900 Personen waren in Spitzenzeiten durch Frau Uthmann beschäftigt. Sie führte Regelungen ein, die die Arbeit für ihre Angestellten besser machten. Das betrifft die Einführung des arbeitsfreien Sonntags, Lebensmitteldeputate und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. In der wohlhabenden Stadt herrschte große Nachfrage nach Verzierungen für Textilien, guck Dir mal die Bilder der Borten und Bommelchen an.
Auch im Immobiliengeschäft war Frau Barbara tätig. Sie kaufte und verkaufte Häuser und Grundstücke.
1553 starb ihr Mann. Ein unerwarteter Tod des noch nicht Fünfzigjährigen. Barbara war 39 Jahre alt. Sie erreichte, dass für sie kein gesetzlicher Vormund bestellt wurde. Das war für Witwen sonst üblich, da sie gesetzlich nicht geschäftsfähig waren. Barbara Uthmann aber durfte gemeinsam mit ihren Söhnen die Geschäfte ihres Mannes weiterführen. Dazu gehörte hauptsächlich die Saigerhütte. Hier investierte sie klug und konnte ihre Betriebsrechte immer wieder verlängern. Ihr Erfolg rief Neider auf den Plan und erregte Aufsehen. Leider musste sie die Hütte nach erfolgreichen Jahren weit unter Wert verkaufen, da Familie Uthmanns Betriebsrecht nicht verlängert wurde. Der Herzog, der die Betriebsrechte vergab, war an dem gut laufenden Betrieb selber interessiert.
Frau Barbara war also eine gute, tatkräftige und konsequente Person. Auch sehr geschäftstüchtig und sicher nicht zimperlich. Große Durchsetzungskraft und Selbstbewusstsein muss sie gehabt haben, sonst hätte sie das nicht geschafft.
Das Geschäftsfeld Posamenten (Sammelbegriff für Zierbänder, Borten, Kordeln....), gibts auch heute noch in Annaberg - das Obererzgebirgische Posementen- und Effektenwerk, kurz OPEW.
Diese Posamenten wurden früher in Handarbeit hergestellt. Und das war eine zeitintensive, Geschicklichkeit und Geduld erfordernde Arbeit. Deshalb hört man heute noch manchmal das Wort " herumposamentieren" für schwierige Fummelarbeit.
Es gibt das Gerücht, dass Frau Uthmann das Klöppeln erfunden hat. Aber das lässt sich nicht belegen und gehört zur Legendenbildung um diese Frau.
Am Tag im Museum.....
1570, nun fast sechzig Jahre alt, setzte sie sich zur Ruhe und zog sich aus dem Geschäftsleben zurück. Für sich und die bei ihr lebenden Familienmitglieder hatte sie ein neues Haus gekauft und bezogen. Es ist Markt Nr. 8. Heute haben die "Freie Presse" und der "Blick" ihr Domizil hier.
1574 starb Barbara Uthmann. Das gemeinsame Grab mit ihrem Mann kann man heute noch auf dem Alten Friedhof finden. In der Nähe der Auferstehungslinde, Du erinnerst Dich an die Geschichte?
Historisch belegt ist, dass sie "die Uthmännin" genannt und so auch angesprochen wurde. Nicht, wie üblich, "die Witwe des Uthmann". Denn sie war selber wer, kein Anhängsel.
Und damit ist sie für uns alle doch ein Vorbild, finde ich. Nicht nur für die Frauen.
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Der Maulwurf hat in Annaberg eifrig mitrecherchiert. Hier sehn wir ihn bei der Erholung auf der Wolkensteiner Straße, nach dem Museumsbesuch: