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Wissen war Macht

Education for future!

www.twitter.com / @IrenaBuzarewicz
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"Wissen ist Macht."

 

Diese Worte gehen auf den englischen Staatsmann und Philosophen Francis Bacon, einen berühmten Vertreter der Aufklärung im 16./17. Jahrhundert, zurück. Vielfach wurde und wird dieser Satz verwendet; natürlich auch (un)sinnig erweitert. Wir sagten zum Beispiel in der Schule manchmal: "Wissen ist Macht. Und nichts wissen macht nichts." Wie wahr diese Aussage Jahrzehnte später sein würde, das hätte sich damals keiner von uns vorstellen können.

 

Denn keine Ahnung zu haben, das hindert heute scheinbar niemanden daran, trotzdem bestimmte Positionen zu besetzen und Entscheidungen zu treffen. 

 

 

 

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Fehlende Bildung auf verschiedensten Fachgebieten (Naturwissenschaften, Wirtschaft, Geschichte, Politik) und mangelnde Erziehung zu bestimmten Grundwerten wie z. B. echte Toleranz, Höflichkeit, Zuverlässigkeit, Selbstdisziplin, Bodenständigkeit bringen zum Teil inkompetente, ichbezogene, tunnelblickhabende und daueroberflächliche Erwachsene hervor. Mit Umgangsformen, die nicht mal eine Schnellzugfahrt durch die gute Kinderstube vermuten lassen.

 

Diese überhebliche Unbildung, die heute in unserer Gesellschaft teilweise modern ist, finde ich sehr gefährlich. Keine Ahnung zu haben ist nicht mehr peinlich oder zumindest sehr unvorteilhaft. Nein - es ist sogar schick. Es ja gar nicht mehr nötig zu haben, etwas wirklich zu wissen, an sich selbst zu arbeiten, zu lernen. Sich mal zu schämen, zu entschuldigen, wenn man Fehler gemacht hat. In sich zu gehen, an dieser Stelle demütig zu sein, besser zu werden. Eigene Grenzen zu erkennen, an deren Erweiterung zu arbeiten.

 

 

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Kleiner Exkurs:

 

In der Zeit von 1949 bis 1998 hatte die Bundesrepublik Deutschland 12 Bundesminister für Wirtschaft. Unter ihnen Persönlichkeiten wie Ludwig Ehrhard, Helmut Schmidt und Otto Graf Lambsdorff. Lambsdorff bekleidete diese Position des Bundeswirtschaftsministers sogar zweimal. Interessehalber habe ich mal geguckt, was diese Leute von ihrer fachlichen Ausbildung her waren und einen Buchstaben dazu in die Ministerübersicht geschrieben. Und siehe da, tatsächlich: Wirtschaftsminister wurden mehrheitlich Wirtschaftsfachleute (W) und Juristen (J). Ein Unternehmer, der gelernter Buchdrucker war (U) und ein Lehrer (L) vervollständigen die Übersicht. Damals ging man auch nicht von der Uni in die Politikerlaufbahn, sondern arbeitete eine Weile in seinem erlernten Beruf. Helmut Schmidt zum Beispiel war vor seiner hauptamtlichen Politikertätigkeit als Referendar und später als Abteilungsleiter der Behörde für Wirtschaft und Verkehr in Hamburg tätig. Sein Handeln als späterer Hamburger Innensenator während der Sturmflut 1962 war legendär - auch das eine Qualifikation für seine späteren Ämter.

 

Den Jüngeren unter uns zeigt das: es gab eine Zeit, in der man fachliche Kompetenz nachweisen musste, um in ein bestimmtes Amt zu kommen. Und Parlamentarier waren mehrheitlich Bürger, die eine Lebensleistung vorzuweisen hatten und deshalb für das ganze Volk mitentscheiden durften. Weil man ihnen das allgemein zutraute. Nicht, weil sie selber nur von sich dachten, dass sie es können.

 

Übersicht Bundesminister für Wirtschaft / BRD, www.wikipedia.org mit meiner roten Ergänzung zum Beruf (W-Wirtschaftfachmann, J-Jurist, U-Unternehmer (hier Buchdrucker), L-Lehrer)
Übersicht Bundesminister für Wirtschaft / BRD, www.wikipedia.org mit meiner roten Ergänzung zum Beruf (W-Wirtschaftfachmann, J-Jurist, U-Unternehmer (hier Buchdrucker), L-Lehrer)

 

 

Jedem leuchtet ein, dass eine Herztransplantation vom Facharzt ausgeführt wird und nicht vom Koch. Auch dürfen in Unternehmen zum Beispiel Arbeiten an der Elektroanlage nur von aus- und regelmäßig weitergebildetem Elektro-Fachpersonal durchgeführt werden. Nicht vom Buchhalter, der zu Hause vielleicht schon mal eine Lampe angeklemmt hat. Arbeiten an Hebezeugen, der Umgang mit Gefahrstoffen, Schweißarbeiten, das Schneiden einer schicken Frisur, das Unterrichten der Kinder,  die Bilanzenerstellung besagten Buchhalters, die Störbeseitigung durch den Instandhalter, die Rinderzucht, der Hausbau und viele andere Tätigkeiten erfordern Wissen, Erfahrung, Zuverlässigkeit, Verantwortungsbewusstsein. 

 

Der aktuelle Anspruch bestimmter Leute besteht darin, sich bei Vorhandensein einer gewissen "Haltung" alles zuzutrauen. Sie haben die Überzeugung, sowieso immer das Richtige zu tun und deshalb nichts hinterfragen zu müssen. Es ist gar kein Ziel mehr, mit Gegenmeinungen konstruktiv umgehen zu wollen und zu können. Vielleicht hat man ja Angst vor der möglichen Kompetenz eines Kontrahenten?! Könnte ja immerhin sein, dass man mal mit einer fachlich fundierten Meinung konfrontiert wird - und dementsprechend reagieren müsste....

 

Fortschritt, Fehlerkultur und -korrektur, wirkliche Debatte sind auf der Grundlage solcher gesellschaftlichen Einseitigkeit nicht möglich. Unbildung, Halbwissen, das Erstarken dieser Blenderwelt der Oberflächlichen folgen. Da sind dann auch Urkundenfälschungen, Frisieren von Lebensläufen, frechste Lügen, große Vergesslichkeit oder fachliche Ahnungslosigkeit kein Grund mehr für Kursänderungen oder gar Rücktritte.

 

Es ist dann nicht mehr so, das Verrückte Blinde führen, wie in Shakespeares "König Lear" gesagt wird. Sondern dass die Ahnungslosen den Unwissenden folgen.

 

Deshalb: Wissen ist Macht!

 

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