Dichtung und Wahrheit, Skandale und Gesang
Der Tannhäuser, ein Ritter, ist bzw. war ein Dichter und Sänger, der im 13. Jahrhundert tatsächlich gelebt hat. Viele Sagen und Geschichten ranken sich um ihn. Er soll aus dem Fränkischen, der Gegend um Nürnberg herum, stammen und an einem der Kreuzzüge teilgenommen haben. Die Sage erzählt über Tannhäusers Liebeserfahrungen am so genannten "Venusberg". Dieser Berg ist der Große Hörselberg bei Eisenach. Ludwig Bechstein und Heine schrieben über den Ritter; Richard Wagner machte eine erfolgreiche Oper daraus.
Und ich dachte immer, der Tannhäuser ist nur eine Opernfigur - aber nein. Viel mehr steckt hier dahinter. Geschichten und Geschichte. Fakten, Spekulationen, Träume.
Wie gesagt wurde mir jetzt erst klar, dass es diese Person, diesen Dichter, Sänger und Kämpfer, wirklich gegeben hat. Der Tannhäuser. Ein jugendlicher Zeitgenosse des viel älteren und sehr berühmten Walther von der Vogelweide.
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Ritter Tannhäuser gilt heute teilweise als Popstar, Frauenheld und Glückssucher seiner Zeit - er interessiert mich. Aber wird ihm dieses Bild gerecht? Wie war er? Wahrscheinlich hat dieser Mann aus der Vergangenheit mehrere Gesichter und ist nicht nur der singende Draufgänger, als der er oft dargestellt wird. Und der auch mir natürlich gerade gefällt ...
Dass der Tannhäuser mal auf der Wartburg war, das gilt als sicher. Und wenn ich an diesen schönen Ort denke, da kriege ich wieder mal Sehnsucht nach Eisenach ...
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Dr. Lothar Jahn, der sich mit der originalen Dichtung des Tannhäuser beschäftigt, sieht das so:
"Vielmehr ist der Tannhäuser ein ebenso origineller wie in der Tradition und Stilistik des Minnesangs bewanderter Sänger und Dichter, mit dem die Auseinandersetzung lohnt - vorausgesetzt, man sucht mehr als die Lieder eines Zotenreißers, der hilft, beim Publikum des nächsten Ritteressens für Schenkelklatschen und rohes Gelächter zu sorgen!" (Dr. Lothar Jahn, http://minnesang.com/Saenger/Tannhaeuser.html)
Ich verstehe Herrn Dr. Jahn, wahrscheinlich gefällt ihm die folgende kleine, 40minütige mdr-Doku zum Tannhäuser deshalb nicht so. Ich finde sie schön, auch wenn man weiß, dass es vielleicht alles ein wenig anders war ... Tannhäusers Lied ist ein Ohrwurm und wie er (natürlich im Film) Walther von der Vogelweide "einseift", ist schon sehenswert. Schau Dirs mal in Ruhe an.
Ein überliefertes Bild vom echten Tannhäuser gibts auch noch, aus der Manessischen Handschrift des 14. Jahrhunderts. Und einen seiner Liedertexte, für uns von Herrn Dr. Jahn übersetzt ins heutige Deutsch. Wer mehr dazu wissen will, findet das auf http://minnesang.com/Saenger/Tannhaeuser.html.
"Nur aus Indien noch ein Baum
Fehlte ihr in ihrem Raum.
Schnell schon war ich wieder da,
Dass ich ihren nächsten Wunsch erriete.
Ja, den Gral vom Parzeval
Wollte sie dann auch nochmal
Mit dem Apfel ‑ ist das klar? ‑,
Den einst Paris schenkte Aphrodite.
Nein, sie gab so schnell nicht auf,
Auch Marias Mantel wollt' sie haben.
Alles nahm ich still in Kauf,
Ließ den Launen ihren Lauf,
Trieb selbst Noahs Arche auf
Und noch mehr Wundergaben, Heiahei,
Doch jetzt sollen and're weiterdarben."
Original: Manessische Handschrift, 14. Jh.
Nachdichtung: Lothar Jahn 1999
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Bis heute beschäftigt uns der sagenhafte Ritter. Als Schmäckerchen habe ich Dir hier die von meinem Lieblingsyoutubekanal EAP vorgelesene Tannhäuser-Sage mitgebracht.
Und noch einen (witzigen) Text, der überhaupt nichts mit dem Tannhäuser zu tun hat. Aber damit, dass (die meisten) Frauen scheinbar nie zufrieden sind, so wie die vom Tannhäuser gerade Besungene.
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"Daz ist mir worden swere." dichtet Tannhäuser über diese ganzen, ständig sicher AUCH an ihn gerichteten Forderungen. Ich kann ihn verstehn.