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Von Frauenstein durchs Bobritzschtal nach Reichenau

Sonne am Abenteuermittwoch!

Aus dem Bobritzschtal kommend sieht man Burg Frauenstein (Erzgebirge).
Aus dem Bobritzschtal kommend sieht man Burg Frauenstein (Erzgebirge).

 

Heute ist wieder Abenteuermittwoch und wir machen eine kleine Tour von Frauenstein aus ins Bobritzschtal flussaufwärts Richtung Reichenau und über die Felder am Weidegut wieder zurück.

 

Ein gutes Vorhaben für diesen freien Nachmittag bei schönstem Wetter, mitten in der Woche. Oben am Schloss in Frauenstein ist Winter mit relativ viel Schnee; das Bobritzschtal liegt dagegen fast schneefrei und grün leuchtend in der Sonne da.

 

Burg und Schloss Frauenstein
Burg und Schloss Frauenstein

 

Wir brechen auf, sind vom Markt aus die kleine Schlossallee hochgegangen und passieren das Torhaus, heutzutage ohne Wache.

 

Schloss Frauenstein, Allee zum Torhaus
Schloss Frauenstein, Allee zum Torhaus

 

Geht man jetzt den Weg, der hinter dem Torhaus nach links abbiegt, dann kommt man am Schloss, an den Befestigungsanlagen und dann an der Burgruine vorbei. Das Hauptportal des Schlosses war früher der Eingang zum hiesigen Silbermann-Museum. Das ist jetzt in ein neues Domizil am Markt Frauenstein umgezogen und hat erst kürzlich neu eröffnet. Mehr zum Museum findest Du hiner dem Button ganz am Beitragsende. Heute, bei diesem Sonnenwetter endlich mal, werden wir es nicht besuchen - aber beim nächsten Mal, wenn wir wieder in Frauenstein sind.

 

Der Weg biegt jetzt hinter dem Schlossgebäude nach rechts ab. Auf einer Seite die schöne Anlage, auf der anderen Seite der Schlosswald am steilen Hang. 

 

An der Schlossmauer mit Blick Richtung Hofefeld steht ein Mann in knallroter Softshelljacke und fotografiert das Schloss. Wir kommen ins Gespräch, er fuhr aus Freital heute hierher - wir, also ich, denn den Maulwurf sieht er ja nicht - aus Freiberg. Wir freuen uns über das Wortspiel, das schöne Wetter, den Schnee, den besonderen Tag; sind uns darüber einig, dass gerade die ganz einfachen Wochentage bestens ausflugsgeeignet sind. Wenn man keine Menschenmassen sucht und sich diese freie Zeit leisten kann. Nachdem wir noch ein bisschen über Schnabelmasken in freier Natur gelästert haben, verabschieden wir uns - jeder hat seinen Weg vor sich. 

 

 

Wir lassen heute Schloss und Burg rechts im Sonnenschein liegen und sind schon am Zeisigstein angekommen. Der heißt so wie seine Kollegen hoch über der Zschopau in Wolkenstein und im Elbsandsteingebirge, ist aber sowohl vom Gestein her als auch von Lage und Namensherkunft ganz anders geartet.

 

Auf diesem Felsen aus rotem Granitporphyr soll ein rebellischer Burghauptmann namens Zeisig enthauptet worden sein.

 

Johann August Ernst Köhler berichtet in seiner erstmals 1886 erschienenen Sagensammlung des Erzgebirges davon:

 

 

Der Frauensteiner Zeisigstein (Erzgebirge)
Der Frauensteiner Zeisigstein (Erzgebirge)

572. Der Zeisigstein und der »Storch« bei Frauenstein.

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Hinter der Ruine des Schlosses Frauenstein ragt ein mit einem Pavillon versehener Felsen hervor, genannt der Zeisigstein. Der Name soll von einem Hauptmann der meißnischen Burggrafen, Zeisig, herrühren. Erzählt wird darüber folgendes: In der Fehde zwischen dem Kurfürsten Friedrich dem Sanftmütigen und dem Meißner Burggrafen Heinrich Reuß-Plauen, worin ersterer dessen Burg Frauenstein im Jahre 1438 erstürmen und brechen ließ, soll ein sie verteidigender Schloßhauptmann, mit Namen Zeisig, als Rebell auf dem obengenannten Felsen enthauptet worden sein. Noch heutigen Tages zeigt man in der Ringmauer der Burgruine die Thür, durch welche jener burggräfliche Lehnsmann zur Hinrichtung geführt worden sein soll. Ein gleicher und gleichzeitiger Vorgang soll einem weiter nördlich jetzt in den »Bürgerfichten« versteckten Felsen den Namen »Storch« gegeben haben. Die Sage meldet überhaupt von drei Vögeln: Finke, Storch und Zeisig, die auf dem Frauenstein genistet, oder deutlicher zu reden, des Burggrafen zu Meißen Hauptleute gewesen sind.

 

***

 

Ein Pavillon steht heute nicht mehr auf dem Felsen, ein paar Stufen und Bearbeitungsspuren am Stein sind noch zu erkennen. Auch ein Café soll hier mal gewesen sein, hörte ich - ob es wahr ist, weiß ich nicht. Wenn, dann wahrscheinlich im kleinen Haus an der Burgmauer gegenüber dem Zeisigstein; heute ein Wohnhaus.

 

Möglicherweise gehörte dieser Hauptmann Zeisig zum Gefolge eines sächsischen Raubritters, gesprochen wird von Dietrich von Vitzthum, der hier auf Burg Frauenstein und in der Umgebung im 15. Jahrhundert sein Unwesen getrieben haben soll. Dieser räuberische Ritter überfiel und entführte reisende Kaufleute - um sie zu bestehlen und dann auch noch Lösegeld zu erpressen. Diejenigen, für die keiner was bezahlen wollte, ließ der Grausame im Burgverließ verhungern - so erzählt man sich zumindest. Ich hoffe, dass es nicht stimmt.... Zu seinem Gefolge gehörten die in der Sage genannten Hauptleute Finke, Storch und Zeisig. Allesamt "Raubvögel"?

 

 

Der rot geschriebene Satz auf dem Zeisigstein-Schild ganz unten regt zum Nachdenken in eine bestimmte Richtung an.  Wegelagerei und Raub waren damals also ein ritterliches Handwerk -  anerkannt und zumindest geduldet. Nur damals ..... ?! 

 

An dieser Stelle lassen wir die finsteren Gedanken und räuberischen Gesellen hinter uns und nehmen den Pfad talwärts, hier kommt man in der Nähe des Alten Friedhofes mit seiner schönen kleinen Kapelle heraus, auf der Hospitalgasse. Nach links abbiegend betritt man wenig später den "Buttersteig", der heute auch Kunsterlebnispfad ist. Einige Werke zieren seinen Wegesrand. Mein Liebling davon seit Jahren ist "Das verlassene Kleid". Immer bleibe ich bei ihm stehen, wenn ich hier bin und immer fühle ich mit den Fingerspitzen die steinernen Konturen von Kleid und Gesicht nach; heute weniger erfolgreich - dick vereist ist das "Kleid", das Gesicht unsichtbar.

 

Weiter kommt man entlang des Buttersteigs dann in Richtung Tal, hier fließt die Bobritzsch von ihrer Reichenauer Quelle aus kommend - Du erinnerst Dich, wir waren erst da.

 

Im Wald unterhalb eines Felsens, der "Großvaterstuhl" genannt wird, gehen wir an einer Schutzhütte vorbei. Wir brauchen sie heute nicht bei diesem Wetter; aber es ist gut, dass sie da ist und das in so gutem Zustand. Ein Schild an der Hütte klärt über einige Minerale auf.

 

An der Schafsbrücke angekommen hat man den Schlosswald verlassen und betritt das helle Bobritzschtal, durch das eine kleine Straße führt - die Talstraße. Rechts lang gehts Richtung Reichenau; nach links kommt man nach Kleinbobritzsch.

 

 

Wir gehen nach rechts durch das sonnige Tal.

 

Die Straße liegt still, hier ist nicht viel los, gut für Fußgänger. Am ersten Haus von Reichenau, ich glaube, es ist eine alte Mühle, biegen wir rechts in einen bergabführenden Wiesenweg ein. Bald kommt weiter unten eine Senke, die bis zum großen Hochwasser 2002 ein Fischteich war, gleich neben der Bobritzsch. Der heute still sich kringelnde kleine Fluss wurde damals zum reißenden Gewässer, zerstörte die Brücke hier und den Fischteich; wahrscheinlich waren auch Teile des Mühlengrundstückes betroffen, die Schafsbrücke, über die wir vorhin gingen und die Brücke am Ortseingang Kleinbobritzsch. 

 

 

Ein paar Schottische Hochlandrinder stehen nebenan auf der Weide. Hellbraun-golden leuchtet ihr langes Fell in der Sonne. Schöne Tiere. Neugierig scheinen sie nicht zu sein, denn sie kommen nicht näher; gucken nur von weitem gelassen.

 

 

Am Ufer der Bobritzsch gibts einen sonnigen Kaffee aus dem Rohr, in entfernter Gesellschaft der rotbraunen Kollegen. 

 

Danach gehts Richtung Frauenstein zurück. Ein Feldweg mit Weitblick, zumeist Eschen am Wegrand.

 

 

Je höher der Weg geht, desto mehr Schnee liegt.

 

Oben ist wieder Winter.

 

 

Das letzte Stück legen wir in der Dämmerung zurück; an diesem sonnigen Tag ist es lange hell. Der Himmel leuchtet blau, orange, rosa und gelb. Bevor wir in den Bus steigen, der uns wieder heimbringt, gucken wir uns noch die alten Glocken der Frauensteiner Stadtkirche an. Seit sie im Herbst 2021 gegen ein neues Geläut, bestehend aus drei neu gegossenen Bronzeglocken und einer noch vorhandenen alten Glocke ausgewechselt wurde, stehen die alten, die "Ruheständler", vor dem Haupteingangsportal der Kirche.

 

Glocken haben fast immer Inschriften. Hier steht auf einer: "Das Himmelreich ist nahe." Und das stimmt. Gleich um die Ecke im Bobritzschtal ist ein Stück davon zu finden, wenn man wirklich will.

 

Wir wissen es genau, denn wir waren da.

 

Drei Glocken im Ruhestand, eine weiß was über das Himmelreich: es ist nah....
Drei Glocken im Ruhestand, eine weiß was über das Himmelreich: es ist nah....

 

So ein Tag ist etwas wert. Das merkt man die ganze Zeit, wenn er da ist. Aber besonders an seinem Ende.

 

***

 

Der Maulwurf und ich, wir versprechen uns gegenseitig, das Lösegeld für den jeweils anderen zu bezahlen, falls das mal nötig sein sollte. Im Falle der Erpressung durch einen Raubritter soll keiner im Verlies sitzen und hungern. Und denken, das er selbst allen anderen scheißegal ist, weil niemand zahlt. Auf gar keinen Fall!

 

Besser wäre natürlich eine spektakuläre Befreiung .... Aber das - ist wieder eine andere Geschichte.

 

Kleine Reise an schöne Orte - statt vieler Worte!
Kleine Reise an schöne Orte - statt vieler Worte!