· 

Der Hammer - Hammerunterwiesenthal

Deutschlands neuestes Bergwerk, ein Steinbruch und historische Kalkwerke

In Hammerunterwiesenthal
In Hammerunterwiesenthal

 

Heute sind wir unterwegs in Hammerunterwiesenthal - gelegen zwischen Bärenstein (bei Annaberg) und Oberwiesenthal. 

 

Wie ich darauf gekommen bin, ist ziemlich einfach. Fährt man nämlich mit Bus 411 die B95 zwischen Annaberg-Buchholz und Oberwiesenthal lang, da fällt einem die Schönheit dieses Pöhlbachtals auf.

 

Blick auf den Pöhlberg, aus südlicher Richtung kommend (B95)
Blick auf den Pöhlberg, aus südlicher Richtung kommend (B95)

 

Hammerunterwiesenthal verdankt seinen Namen dem um 1560 gegründeten Hammerwerk Schlössel, in dessen Nähe sich mit der Zeit Leute ansiedelten.

 

Schön ist es hier. Wer einen Nerv für diese vom Bergbau und rauhem Wetter geprägte Gegend, diese Schönheit mit bewegter Geschichte voller Kargheit und doch Fortschritt hat. Für mich - der Hammer. Ermutigend, kräftig, fast ohne Fisimatenten auskommend.

 

Heimat - der Liebe wert.

 

 

Besondere Namen tragen die Orte hier: Bärenstein (bei Annaberg) zum Beispiel, Bärenlohe und  Niederschlag. Niederschlag ist ein Ortsteil von Bärenstein, während Bärenlohe zu Hammerunterwiesenthal gehört. Hammerunterwiesenthal selbst gehört zur Stadt Oberwiesenthal. Für Verwirrung ist also gesorgt.

 

Foto: Christophe Gateau / dpa (Quelle: www.augsburger-allgemeine.de)
Foto: Christophe Gateau / dpa (Quelle: www.augsburger-allgemeine.de)

 

Bären gibts hier allerdings keine mehr. Was aufgrund der zahlreichen Ortsnamen mit diesen Tieren auf jeden Fall früher anders war. Viele und große Bären lebten hier im erzgebirgischen Urwald, dem Miriquidi, dem Dunkelwald.  Lange schon vor der meist bergbaubedingten Besiedelung durch den Menschen ab dem 12. Jahrhundert. Die letzten Bären erlegte man hier im 18. Jahrhundert.

 

Unterwegs in Hammerunterwiesenthal
Unterwegs in Hammerunterwiesenthal

 

Guckt man sich das Gebiet auf der Karte an, findet man viel Interessantes. Ich habe mich erst mal auf Hammerunterwiesenthal beschränkt. Dort finden sich ein Steinbruch, Kalkwerke mit historischen Kalkbrennöfen, die Melanchthon-Kirche und ganz in der Nähe, im Ort Niederschlag - Deutschlands neuestes Bergwerk, die EFS (Erzgebirgische Fluss- und Schwertspat Gmbh).

 

Seit ca. 40 Jahren wurde in Deutschland kein neues Bergwerk mehr in Betrieb genommen.  Aber jetzt das hier, 2013 eröffnet: Es fördert, wie schon der Name sagt, Fluss- und Schwerspat. Diese Mineralien, sie heißen wissenschaftlich Fluorit und Baryt, braucht man in der chemischen Industrie, bei der Stahlverarbeitung und der Keramikherstellung, für Baustoffe. Mehr dazu findest Du HIER, wenn Du willst.

 

Kalkwerk GEOMIN, Hammerunterwiesenthal
Kalkwerk GEOMIN, Hammerunterwiesenthal
Im Steinbruch (Foto: Jan Görner / FP 10.07.2021)
Im Steinbruch (Foto: Jan Görner / FP 10.07.2021)

 

Im Kalkwerk:

 

 

Dieses Bärensteiner Bergrevier hat eine lange Geschichte. Silber, Zinn, Eisen, Kupfer und Kobalt gewann man. Später mit der Wismut AG auch Uran. Hier befanden sich die Stalinschächte 281 und 282. In der Wismut-Zeit zogen viele Menschen der gutbezahlten Arbeit wegen in diese Gegend. Im Jahr 1950 hatte Hammerunterwiesenthal mit ca. 1900 Menschen ungefähr doppelt so viele Einwohner wie einige Jahre zuvor. Die prekäre Wohnungssituation kann man sich vorstellen. Nach Ende des Uranbergbaus zogen viele Leute wieder ab, es wurde ruhiger.

 

Schöne Name tragen die Gruben. Eine heißt "Neu Unverhofft Glück". Na dann.

 

Spat förderte man ca. zehn Jahre lang seit 1950. Und - heute wieder Fluss- und Schwerspat. Der Abbau von Kalkstein geht ebenfalls weiter. Hier steht ein Kalkwerk von GEOMIN mit Steinbruch.

 

Wer hat schon mal Spatgestein gesehen? Ganz verschieden und manchmal sehr schön:

 

Quelle: https://www.bgr.bund.de/
Quelle: https://www.bgr.bund.de/

 

Eine kleine Doku zum Niederschlager Bergwerk, 2x ca. 15 min.:

 

 

Wir steigen an der Kirche in Hammerunterwiesenthal aus. Sie heißt Melanchthonkirche nach Philipp Melanchthon, dem Universitätsprofessor, Reformator und  Wittenberger Weggefährten Martin Luthers. Eine Lutherkirche steht übrigens gleich im benachbarten Oberwiesenthal, wir waren erst kürzlich da, Du erinnerst Dich?

 

 

Auf dem kleinen Kirchhof der Melanchthonkirche findet sich eine Bank mit Weitblick. Sie steht unter einer jungen Eiche ziemlich weit oben am steilen Hang, wohin man die Kirche baute. Weit ins Pöhlbachtal guckt man von hier, über die kleinen Grabsteine hinweg. Ein schöner Platz für einen Kaffee aus dem Rohr. Die hier Liegenden stört das nicht und auch sonst niemanden, wenn man sich angemessen verhält.

 

Für die Lebenden sicher relativ gefährlich, im Winter hier auf abschüssigen Pfaden des Friedhofs unterwegs zu sein. Aufpassen muss man.

 

Wir verlassen die Kirche und machen uns auf zu den alten Kalkbrennöfen, die hier mitten in der Landschaft stehen sollen. Der Weg führt vorbei an Gärten und Wiesen, durch ein Stück dschungelartiges Wäldchen, was den Wanderpfad fast völlig zurückerobert hat. Ich als erklärter Fan des Japanischen Seidenknöterichs bin begeistert, als ich hier ein Exemplar dieser Pflanze mit ca. 60 cm großen Blättern finde. Was für ein Anblick! Vielleicht sorgt der von GEOMIN herüberwehende Kalkstaub für Düngung und dieses auffällige Wachstum?

 

Aus dem Gebüsch heraus tritt man am Ende des Weges und steht auf dem Gelände des Kalkwerks. Stille am Wochenende. Silos, Gebäude und LKWs leuchten in der Sonne. Alles ist von feinem hellen Staub überzogen und leuchtet im Sonnenschein. Man muss besonders gucken,  wohin man tritt. Es ist etwas pampig zum Teil.

 

Heraus aus dem Kalkwerk überqueren wir die Straße und biegen in eine kleine Allee ein. Von hier aus hat man einen schönen Blick über Felder und Wiesen zum Wald hin.

 

Bald taucht tatsächlich die alte Kalkbrennanlage (errichtet um 1877) zwischen den Bäumen auf.

 

 

In solchen Kalkbrennöfen erhitzte man Marmor- bzw. Kalksteinbrocken über mehrere Tage. Dadurch entstand eine poröse, bröckelige, pulvrige Kalkmasse. Gut geeignet zur Weiterverarbeitung. Für Baustoffe wie Zement oder PVC, als Zusatz von Dünger zum Beispiel oder als Beigabe bei der Putzmittel- und Radiergummiherstellung.

 

Belegschaft Kalkwerk 1 Unterwiesenthal, Anfang 20. Jahrhundert (Foto: Infotafel)
Belegschaft Kalkwerk 1 Unterwiesenthal, Anfang 20. Jahrhundert (Foto: Infotafel)

 

Die Kalkherstellung spielte in dieser Gegend eine große Rolle. Auch zuarbeitende Gewerke wie die Fuhrbetriebe waren ein Wirtschaftsfaktor.

 

Dazu gibts Informationen an einer Tafel in Ofennähe.

 

 

An der Seite der alten Ofenanlage lagert einiges, darunter Anbaugerät für Bau- und Landarbeitsmachinen. Ein kleiner CAT ist halb zugewachsen, er steht ein wenig traurig und verlassen da. 

 

Guckt man sich oben das Belegschaftsbild an, kann man vergangene Betriebsamkeit erahnen. Täglich kamen hier Leute her, um zu arbeiten. Öfen wurden beheizt, beschickt, überwacht und entleert. Für den Transport der Kalksteine und des gebranntes Kalkes musste gesorgt werden, ebenso für das Heizmaterial und anderes. Die Betriebsmittel hielt man instand. Es wurde be- und entladen, geheizt, abgeschmiert, repariert, gefrühstückt und die Lohntüte abgeholt.

 

Lange vorbei.

 

Heute summen Grillen, irgendwo im Laubdickicht plätschert Wasser.

 

***

 

Bald gehts zurück ins Zentrum von Hammeruntherwiesenthal, wo unweit der Melanchthonkirche die Pension "Rotes Haus" noch Zimmer frei hat.

 

Aber wir bleiben heute nicht, sondern fahren mit einem sehr pünktlichen und freundlichen Bus bald schon Richtung Annaberg davon.

 

Wir kommen wieder, denn es gibt noch so viel zu entdecken.