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Was Mist ist und was nicht

Wir Frauen dürfen und müssen kritisiert werden

Loriot: "Das Ei ist hart." / www.amazon.de
Loriot: "Das Ei ist hart." / www.amazon.de

 

Frauen und Männer sind Menschen. Menschen sind nicht perfekt; sie machen Fehler. 

 

Nur wer nichts macht, macht keine Fehler. Für diesen schnippisch ausgesprochenen Satz handelte ich mir einst eine elterliche Ohrfeige ein. Ich hatte beim Abtrocknen ein Glas zerbrochen und kommentierte diese Scherben mit jenen Worten.

 

Auch heute noch gefällt mir der Satz sehr gut. Denn er ist einfach wahr. Wer nie was versucht, nie ein Risiko eingeht - dem geht auch nichts schief. Wer nichts wagt, gewinnt nichts - aber er fällt auch nicht so grandios auf die Schnauze wie der Mutige. Den dann natürlich Spott und Häme der Vorsichtigen treffen. Und auch so manche berechtigte Kritik.

 

Denn Kritik, sachliche Kritik, sollte man sich gefallen lassen. Sie annehmen, etwas Gutes daraus machen. Unsachliches Gepöbel rechne ich jetzt nicht dazu. Wenn mich also jemand - in welchem Zusammenhang auch immer - "dämliche Schlampe" nennt, muss ich nicht überlegen, was da vielleicht dran sein könnte. Bemängelt er aber sachlich und konkret bestimmte Dinge, die ich sage und mache, dann muss ich drüber nachdenken. Auch wenn's schmerzt.

 

Winston Churchill war der Meinung, dass ein kluger Mann nicht alle Fehler selber machen müsse, sondern auch anderen die Gelegenheit geben sollte. Und Theodor Fontane sagte: "Wer aufhört, Fehler zu machen, lernt auch nichts mehr dazu."

 

Fontane unterschied hier nicht zwischen Mann, Frau oder Kind. Warum auch? Es gilt ja für uns alle.

 

Flubglatt der DVP zu den Wahlen der Nationalversammlung 1919 (picture-alliance / akg-images) / (www.deutschlandfunk.de)
Flubglatt der DVP zu den Wahlen der Nationalversammlung 1919 (picture-alliance / akg-images) / (www.deutschlandfunk.de)

 

Nur gibt es wieder die berühmte Opferliga, die immer einen Vorwand hat, mit dem sie eigenes Versagen, eigene Fehler rechtfertigen, vertuschen kann.

 

Ein gern genutzter solcher ist das eigene Geschlecht. Weil ich eine Frau bin, deshalb kritisiert man mich (natürlich zu Unrecht). Weil ich eine Frau bin, behandelt man mich unfair. Weil ich eine Frau bin, werde ich diskriminiert. Das gibts auch alles, weiß ich aus eigener Erfahrung. Frauen werden kritischer beäugt, strenger beurteilt in manchen Bereichen. Es gibt Übergriffigkeit und Mobbing -  stimmt. Oft liegt der Hase aber woanders im Pfeffer. Und in diese Falle sollten wir Weiber nicht tappen. Das haben viele von uns gar nicht nötig. Wer was erreichen will, muss raus aus der Komfortzone und auf den Welpenschutz verzichten.

 

Der Fall: Ich habe wirklich einen Fehler gemacht; eine falsche Entscheidung getroffen, mich dumm verhalten. Jetzt kommt einer und kritisiert mich. Er hat recht. Ja - Mist. Schluss, aus, Ende. Nun die Frauenopferkarte zu spielen, wäre erbärmlich. Und offenbart in dem Fall das, wogegen wir Frauen doch immer kämpfen: nämlich - unsere Unterlegenheit. 

 

Ganz groß konnten wir das gerade bei der Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock erleben. Und bei der SPD-Ex-Bundesministerin für Frauen, Familie und Soziales Franziska Giffey. Beide Frauen haben große Fehler gemacht, indem sie unehrlich waren, getäuscht und betrogen haben. Das haben sie selbst gemacht, ohne Zwang - um sich Vorteile zu verschaffen. 

 

Wenn die Betreffenden dann selbst oder andere, die sie schützen wollen, auf das Frau-Sein von Giffey oder  Baerbock ausweichen, ist das sehr mies, klein und peinlich.

 

Wenn einer bei einer wissenschaftlichen Arbeit, für die man einen akademischen Grad erwirbt, abschreibt oder seinen Lebenslauf zum X. Mal ändert, weil darin falsche Angaben gemacht wurden, dann ist mir wurst, ob es Männlein, Weiblein oder Salatgurke ist. Sowas ist Betrug und ein sich Aufbauschen, Besser-Machen als man ist. Eine Charakterfrage. Wer in seiner Karriere so vorgeht, sollte kein politisches Amt innehaben. 

 

Keinen interessieren bösartigste Angriffe auch unter der Gürtellinie bei manch anderen Frauen, die ihre Meinung in der Öffentlichkeit vertraten und vertreten. Früher Margareth Thatcher ("die eiserne Lady" Großbritanniens) oder SPD-Politikerin Regine Hildebrandt. Heute z. B. Politikerin Frau Dr. Alice Weidel, die französische Politikerin Marine Le Pen, die Bundeskanzlerin Frau Dr. Angela Merkel oder die Schriftstellerin Monika Maron. Die wurden und werden kritisiert für ihre Haltung, ihre Meinung, ihr Tun. Nicht, weil sie Frauen sind. Sie bekommen auch keinen Frauen-Niedlichkeits-Bonus. Warum auch.

 

Seien wir Frauen souverän, nehmen wir Kritik an.