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Warum ich gegen die Frauenquote bin

Überlegungen zum aktuellen Thema

www.twitter.com / @IrenaBuzarewicz
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Die Regierungsparteien der Großen Koalition einigten sich vorige Woche auf die Einführung einer Frauenquote in der Wirtschaft.

 

Dies findet nicht überall Zustimmung. Nicht nur einige Männer sind dagegen, auch viele Frauen wollen auf so eine merkwürdige Weise nicht "gefördert" werden; ich auch nicht. 

 

Warum, das erkläre ich gleich. Vorher lesen wir die Informationen zum Thema auf der Website der Tagesschau vom 20. 11. 2020, damit klar ist, worum genau es bei dieser Quotenregelung eigentlich geht:

 

 

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"Schon im Koalitionsvertrag haben Union und SPD Verbesserungen für Frauen in Unternehmensvorständen verabredet. Nach langem Ringen gibt es nun einen Kompromiss. Die Justizministerin spricht von einem "großen Erfolg".

 

Die Große Koalition hat sich grundsätzlich auf eine verbindliche Frauenquote in Vorständen geeinigt. In Vorständen börsennotierter und paritätisch mitbestimmter Unternehmen mit mehr als drei Mitgliedern muss demnach künftig ein Mitglied eine Frau sein, teilte Justizministerin Christine Lambrecht nach einer Einigung der vom Koalitionsausschuss eingesetzten Arbeitsgruppe zu diesem Thema mit.

 

Für die Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes wurde eine Aufsichtsratsquote von mindestens 30 Prozent und eine Mindestbeteiligung in Vorständen vereinbart. Bei den Körperschaften des öffentlichen Rechts wie den Krankenkassen und bei den Renten- und Unfallversicherungsträgern sowie bei der Bundesagentur für Arbeit soll ebenfalls eine Mindestbeteiligung eingeführt werden. "Das ist ein großer Erfolg für die Frauen in Deutschland und bietet gleichzeitig eine große Chance sowohl für die Gesellschaft als auch für die Unternehmen selbst", sagte Lambrecht.

 

Differenzen in der Koalition

Die Koalitionsspitzen sollen nächste Woche abschließend über den Kompromiss entscheiden. Anschließend werde die Ressortabstimmung und die Länder- und Verbändebeteiligung eingeleitet, so dass der Kabinettsbeschluss zeitnah erfolgen könne, teilte Lambrecht weiter mit." ...

 

 

... "Giffey sagte nun: "Penetranz schafft Akzeptanz - dieser Satz hat sich heute mal wieder bewahrheitet. Die Vorstandsquote wird kommen." Sie sprach von einem "historischen Durchbruch". "Wir schöpfen alle Potentiale unseres Landes aus, damit die Besten in gemischten Teams erfolgreicher sein können. Weil sich freiwillig nichts tut und wir Vorgaben brauchen, um voranzukommen", so die SPD-Politikerin."

 

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Wenn mich jemand fragen würde, was die Hauptargumente gegen die Frauenquote meiner Meinung nach sind, dann könnte ich gehässig reagieren und drei Namen derzeitiger prominenter Amtsinhaberinnen nennen. Aber ich verzichte darauf. Kann sich jeder selber überlegen. Nur soviel:

 

Förderliche Karriereumstände heutzutage mancherorts: eine Frau zu sein, Migrationshintergrund zu haben, in einer der Regierungsparteien zu sein. Das Umfeld schmückt sich dann mit dieser Person und weist darauf hin, wie fortschrittlich, tolerant und offen es doch ist. Mag sogar stimmen, nur Kompetenz und Führungsstärke kann man nicht herbeischwurbeln. Die Konsequenzen für die Arbeitsbereiche der Betreffenden können keine guten sein.

 

Ich empfinde durchaus den Beigeschmack von Frau (Dr.) Giffeys oben zitierten Worten.

 

Wenn Betrüger*innen von Penetranz sprechen, und das in einem öffentlichen Amt, an dem sie festkleben, dann finde ich das - zumindest seltsam. 

 

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Drücke ich es persönlicher aus, dann bin ich der Meinung, dass kompetente und durchsetzungsfähige Frauen mit Ehrgeiz in der heutigen Gesellschaft keine Unterstützung durch eine Quotenregelung brauchen. Wir schaffen das auch alleine; denn die Grundvoraussetzungen sind da. Wir haben gleiche Bildungschancen und gleiche politische Rechte wie die Männer und sind diesen auch juristisch gleichgestellt - das war vor einigen Jahrzehnten noch eine Wunschvorstellung. Nutzen wir Frauen heute unser Potenzial und unsere Möglichkeiten, können wir Vieles erreichen. Was wir dabei selber wollen, müssen wir uns klar machen. Denn nicht immer geht alles gleichzeitig. Unser Tag und unsere Kräfte sind nicht unerschöpflich - wir müssen uns entscheiden, was wir in einer bestimmten Lebensphase machen. Und eine Zeitlang in Vollzeit für sein Kind da zu sein, ist sehr wichtig - finde ich.

 

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Haben wir etwas geschafft, können wir darauf stolz sein. 

 

Ich selbst glaube zu wissen, wovon ich spreche, da ich seit vielen Jahren beruflich in einem Bereich tätig bin, der immer noch eine Männerdomäne ist. Wäre ich hier als Quotenfrau gelandet und nicht aus eigener Kraft, dann hätte ich niemals diese Akzeptanz erlebt, die mir meist zuteil wurde. Ich selbst hätte mich minderwertig gefühlt und die Kollegen würden überheblich gelächelt und gesagt oder zumindest gedacht haben: "Will die Püppi jetzt hier auch mitspielen oder was?!" Dass diesen Gedanken der ein oder andere Kollege trotzdem gehegt hat, kann vorausgesetzt werden. Dass sowas zu den Dingen gehört, durch die man anfangs durchmuss, auch. Blöde Kommentare verschwinden nie ganz - egal. Denn viele Dinge sind eben nicht alltäglich. Dazu gehören Frauen, speziell auch weibliche Vorgesetzte, in der Industrie.

 

Eine Frauenquote ist für mich genau das, was sie nicht sein will: sexistisch, undemokratisch, bevormundend, rückwärtsgewandt, kompetenzfeindlich.

 

Viele Männer sehen später ihre Skepsis bestätigt durch das Vorhandensein der "Quotenfrauen". Denn das werden nicht immer die Besten sein. Die Ablehnung und Kritik trifft dann alle gleichermaßen, auch die geeigneten Frauen. Man wird sie als Quotenfrau diskriminieren und auf ihr Fehlverhalten hin belauern.

 

Denn im Zweifelsfall wird eine Frau auf die Position berufen, weil sie eine Frau ist. Und nicht, weil sie am besten geeignet ist dafür. Genauso, wie es seit Jahrhunderten in von Männern dominierten Fachgebieten umgedreht ist: Ein Mann erhält seinen Job, nur weil er ein Mann ist und man deshalb bestimmte Eigenschaften wie Stärke, Fachwissen, Festigkeit, Pragmatismus bei ihm voraussetzt ("Wer weiß, ob die Frau das überhaupt kann...."). 

 

Klar müssen wir Frauen uns hier die neuen Gebiete selber erobern! Und das betrifft nicht nur die angenehmen Vorstandsposten, sondern auch die Bereiche, wo es weniger angenehm ist. Das ist schwer. Dafür müssen wir raus aus den Komfortzonen. Viele müssen erst lernen, selbständig und ohne Schutz klarzukommen, keine Angst zu haben und selbst zu entscheiden. Auch Fehler zu machen und dazu zu stehen. Einzustecken und auszuteilen. Aber das, was wir dann erreicht haben, das wurden wir, trotzdem wir Frauen sind. Und nicht weil.

 

Dass Frauen es auch bis heute aus eigener Kraft schaffen können, zeigen viele starke Persönlichkeiten unterschiedlicher Fachgebiete. In der gegenwärtigen Politik sind das für mich Personen wie Frau Dr. Sarah Wagenknecht und Frau Dr. Alice Weidel; früher verehrte ich die leider verstorbene Regine Hildebrandt und ja - auch die Kanzlerin, als ihre Politik vor über zehn Jahren noch eine andere war.

 

In meinem eigenen Leben traf ich die tapferen Ladies als Leiterin der Qualitätssicherung oder Konstrukteurin, als Produktionsleiterin oder Werkzeugmacherin, als Lagerverwalterin, Vorarbeiterin oder Umweltbeauftragte, als Chefin eines Taxiunternehmens, eines Dachdeckerbetriebs oder einer Spedition -  und an manch anderer Stelle, wo sie als Frauen natürlicherweise erst mal nicht erwartet wurden. Und trotzdem waren und sind sie da. Bravo.

 

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Mag sein, dass ich altmodisch bin und deshalb sehr viel Wert auf eigene Leistung, eigenes Tun, das An-sich-Arbeiten einer Person lege. Das war und ist mir immer wichtig. Deshalb wäre es für mich die Pest, wenn mein Umfeld  mir in irgendeiner Weise unterstellen würde, bevorzugt worden zu sein.

 

Seien es unterstützende, bereitwillige Männer mit Gedanken an Gegenleistung, Intrigantentum oder eben - eine Quotenregelung.