· 

Die Stadt, wo die Zeit wohnt

Glashütte

 

 

Wir wissen jetzt, wo die Zeit wohnt.

 

Na, in Glashütte, der kleinen sächsischen Stadt im Osterzgebirge, unweit von Dippoldiswalde, die ihren Namen von einer Glashütte haben soll, die einst hier stand.

 

Glashütte erhielt 1506 das Stadtrecht und lebte ca. 150 Jahre vom Erzbergbau, bis die Ausbeuten zu gering wurden. Es folgte eine Zeit der Armut und der Kriege. Man schlug sich mit Strohflechterei durch, nachdem der Bergbau nichts mehr hergab. Und dann wurde die Stadt berühmt.

 

Warum ?

 

Komm, begleite uns doch.

 

***

 

www.wikiwand.de

 

Es ist Anfang August, ein schöner Sommertag. Wir steigen am Bahnhof Glashütte aus. 

 

Schon hier, auf dem Bahnhofsvorplatz, besteht kein Zweifel. Wir sind in einer Uhrenstadt ! Eingekreist von Uhrenmanufakturen: NOMOS, Lange & Söhne, Glashütte Original. Auf das letztgenannte fällt man sozusagen beim Verlassen des Bahnhofs, s. erstes Bild unten.

 

Anfang des 19. Jahrhunderts hatte die sächsische Staatsregierung eine Idee. Zur Belebung der Wirtschaft dieser armen Region im Müglitztal erließ man einen Apell an die Geschäftsleute des Landes, sich hier niederzulassen. Sicher war dieses Ansinnen mit bestimmter finanzieller Unterstützung verbunden. Sonst hätte man wohl keinen in die unterentwickelte, waldreiche und wilde Gegend gelockt. Nicht umsonst ziert ein Bärenköpf den Rathauseingang.

 

Dem Ruf folgte auch der Schwiegersohn des Dresdner Hofuhrmachermeisters. Dieser Schwiegersohn hieß Ferdinand Adolph Lange und zog mit fünfzehn Lehrlingen im Dezember 1845 nach Glashütte, um dort Taschenuhren zu produzieren. Damit begründete er einen neuen Industriezweig hier in der Stadt. Weitere Uhrenmanufakturen und zuarbeitendes Gewerbe entstanden. Die Stadt erlebte einen Aufschwung. Den Menschen ging es gut.

 

Ferdinand Adolph Lange wurde mit einem Denkmal geehrt. Du siehst es unten auf den Bildern.

 

 

Am Bahnhof: Glashütte Original

 

Übersicht unten: Zehn Uhrenmanufakturen gibt es heute in Glashütte. Die Firma des Begründers der Uhrenindustrie hier ist mit dabei: "A. Lange & Söhne".

 

 

Wir gehen stadteinwärts und treffen auf das Deutsche Uhrenmuseum. Dort gehen wir heute nicht hinein, sondern wollen das Wetter draußen nutzen. Museumsbesuch also in die Herbstsaison verschoben.

 

 

Schön ist es zwischen den waldreichen Hügeln in Glashütte.

 

 

Und hier das Denkmal des berühmten Gründers:

 

 

Uhrenmuseum auf Twitter:

 

 

Dem Denkmal gegenüber steht die Kirche St. Wolfgang. Erfreulicherweise ist sie offen und wir können hinein und ringsherum gehen.

 

 

Glashütte wurde ein weltbekannter Name in der Uhrenbranche.

 

Dann kamen zwei Weltkriege. Männer zogen auf die Schlachtfelder dieser Welt. Viele starben dort. In der St. Wolfgangskirche hängen Tafeln mit den Namen der Gefallenen. Die meisten ganz jung noch. Sehr traurig. Auch die Stadt wurde zum Ende des Krieges bombardiert und teilweise zerstört.

 

Nach dem zweiten Weltkrieg 1945 wurden die Uhrenmanufakturen demontiert. Sämtliches Equipment wurde in Kisten verpackt und als Reparation in die Sowjetunion geschickt. 

 

Die Glashütter Uhrenleute hatten fast nichts mehr. Und damit fingen sie an! Stück für Stück wurde wieder eine Produktion aufgebaut. Maschinen, Geräte und Teile davon wurden zusammengetragen. Jeder brachte mit, was er noch so hatte. Egal, in welchem Zustand es war.

 

Wenn man sich noch den Hunger, das fehlende Brennmaterial und den allgemeinen großen Mangel an fast allem vorstellt, dann weiss man um die Schwere dieser Zeit. Und das Leid, was viele Menschen durch den Krieg erlitten hatten, musste auch überwunden werden.

 

***

 

Bild 1 Glashütte 1945, unten: Bild 2 Walther Lange von Lange & Söhne 2014,  Bild 3 Uhrenfertigung ist Handarbeit / www.manager-magazin.de
Bild 1 Glashütte 1945, unten: Bild 2 Walther Lange von Lange & Söhne 2014, Bild 3 Uhrenfertigung ist Handarbeit / www.manager-magazin.de

 

Man schaffte es wieder. Gemeinsam.

 

In der DDR gab es dann den VEB Glashütter Uhrenbetriebe (GUB). Von hier aus wurden die Uhren landesweit und ins Ausland verkauft. Auch Quelle und Tchibo bestellten in der Zeit des Kalte Krieges Uhren aus dem östlichen Werk. Qualität wurde dort geschätzt und Devisen hier gebraucht. Die Produktion lief.

 

Dann, 1989, kam die Wende und damit das Ende der DDR und ihrer Wirtschaft. Auch die Glashütter Uhrenbetriebe mussten einen schmerzhaften und langwierigen Prozess durchleben. Die Treuhand war hier tätig. Viele Uhrenwerker verloren ihre Jobs und mussten sehen, wo sie blieben. Wieder eine schwere Zeit für Stadt und Bewohner, man sah es Glashütte an.

 

Durch Unternehmergeist und großen Mut zum Risiko schafften es einige Menschen, einen Neuanfang zu machen und zu privatisieren. Ich habe großen Respekt vor der Leistung dieser Leute; ihrem Erfolgswillen und ihrem Durchhaltevermögen.

 

So entstanden wieder verschiedene Uhrenhersteller, heute zehn an der Zahl, in Glashütte.

 

***

 

Gemütlich bummelt man hier heute durch die Gassen und Straßen. An einem Cafe gibt es im Straßenverkauf am Fenster im Erdgeschoss Softeis. Grüner Apfel-Schwarze Johannisbeere, eine sehr leckere Mischung.

 

Mit dem Eis in der Hand geht es zurück zum Bahnhof.

 

Schön war es hier, wir verabschieden uns von Glashütte und den tapferen und ideenreichen Glashüttern.

 

Bis zum nächsten Mal.

 

***

 

Glashütte heute / www.uhrenmuseum-glashuette.de
Glashütte heute / www.uhrenmuseum-glashuette.de

 

Der Maulwurf und ich träumen von einer schicken Glashütter Uhr.

 

Du auch?

 

www.proudmag.com
www.proudmag.com